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Illustration: Erneuerbare Energien, Stromnetz und Verbraucher unter einer Lupe © BMWi

Was sind eigentlich "negative Strompreise"?

Wenn viel mehr Strom erzeugt als gebraucht wird, kann es an der Strombörse zu negativen Strompreisen kommen. Auch wenn der Name es nicht vermuten lässt: Da steckt auch Positives drin. Was genau, erfahren Sie hier.

Darum geht’s: Negative Strompreise sind ein wichtiger Anreiz für Erzeuger und Verbraucher, flexibel auf die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien zu reagieren.

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis – das ist eine bekannte Grundregel der Marktwirtschaft. In der Praxis bedeutet das: Gibt es im Supermarkt viele Äpfel zu kaufen, aber kaum jemanden, der sie kaufen will, sinken die Preise. Gibt es dagegen sehr wenige Äpfel, aber viele potenzielle Käufer, steigen die Preise. Das Auf und Ab der Preise sorgt für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage.

Im Prinzip ist das beim Strom nicht anders. Allerdings kann es hier zu einer Besonderheit kommen, die bei Äpfeln eher unwahrscheinlich ist: Ein sehr großes Angebot trifft auf eine geringe Nachfrage – der Preis fällt in den Keller, wird sogar negativ. Im Klartext: Wer in einer solchen Situation an der Börse Strom kauft, bekommt sogar noch Geld dafür.

Aber wie kommt es eigentlich dazu?

Unvereinbar: hohe Produktion und geringe Nachfrage

Im Gegensatz zu Äpfeln und vielen Produkten braucht Strom unbedingt einen Abnehmer, da er nicht einfach „entsorgt“ und auch nur in kleinen Mengen gespeichert werden kann. Zudem ist das Stromnetz nur dann stabil, wenn sich Einspeisung und Entnahme genau die Waage halten. Kurz: Der Strom muss genutzt werden – wenn es sein muss, auch zu einem negativen Preis. Das ist kein neues Phänomen, sondern bereits seit September 2008 an der Strombörse zu beobachten. Damals wurden negative Strompreise – auch auf den Wunsch vieler Markteilnehmer hin – zugelassen, als Anreiz für konventionelle Kraftwerke, ihre Stromproduktion der schwankenden Nachfrage und wetterabhängigen Erzeugung aus erneuerbaren Energien anzupassen.

Flexibilität ist das A und O in einem Strommarkt mit einem hohen Anteil Erneuerbarer. Denn Strom aus Wind und Sonne hat im deutschen Stromnetz Vorfahrt: Das, was die Erneuerbaren je nach Wetterlage produzieren, darf auch ins Netz eingespeist werden. Passen konventionelle Kraftwerke ihre Stromproduktion nicht an, kann es speziell an Tagen mit geringem Stromverbrauch und viel Windeinspeisung zu einem großen Überangebot an Strom und damit zu negativen Preisen kommen – beispielsweise an Feiertagen wie Weihnachten oder Neujahr, wenn insbesondere industrielle Nutzer deutlich weniger Strom benötigen, gleichzeitig aber viel Wind weht.

Hoch und runter: die konventionellen Kraftwerke

Bei negativen Strompreisen zahlt der Stromerzeuger an den Abnehmer Geld. Im Fall eines konventionellen Kraftwerks muss der Kraftwerksbetreiber diese Kosten selbst übernehmen. Deshalb reagieren mittlerweile auch die aus technischen Gründen bislang eher trägen Kohlekraftwerke immer besser auf die schwankende Stromnachfrage beziehungsweise Stromerzeugung der Erneuerbaren und fahren ihre Produktion bei negativen Strompreisen herunter. Möglich ist dies, weil Teile der Kraftwerksbetreiber in die Flexibilität ihrer Anlagen investiert haben: Ein Kraftwerk runter- und wieder hochzufahren, ist in diesen Anlagen nun günstiger, als die Kosten bei negativen Strompreisen zu tragen. Anders gesagt: Die negativen Strompreise haben dazu beigetragen, dass zumindest ein Teil der großen Kraftwerke flexibler geworden ist und damit zum Erfolg der Energiewende beiträgt. Der andere Teil der konventionellen Kraftwerke läuft jedoch trotz negativer Strompreise weiter und erzeugt Strom, auch wenn er nicht gebraucht wird. Außerdem gibt es derzeit noch zu wenige Stromverbraucher, die ihren Verbrauch zeitlich anpassen und Strom genau dann verstärkt nachfragen, wenn gerade viel ins Netz eingespeist wird. Deshalb muss die Flexibilisierung weiter vorangetrieben werden.

Auf dem richtigen Weg: die Erneuerbare-Energien-Anlagen

Etwas anders sieht es bei den Erneuerbaren aus. Hier gibt es derzeit noch eine Zweiteilung: Der kleinere Anteil, derzeit etwa 37 Prozent aller Erneuerbare-Energien-Anlagen, erhalten auch dann eine staatliche Förderung, wenn die Strompreise negativ sind. Die Förderkosten werden über die EEG-Umlage auf alle Stromverbraucher umgelegt. Bei diesen Anlagen handelt es sich um alte Bestandsanlagen. Der Großteil der Erneuerbare-Energien-Anlagen – im letzten Jahr waren es 63 Prozent – vermarkten ihren Strom im Rahmen der Direktvermarktung selbst. Dies ist für alle Anlagen, die seit dem EEG 2014 in Betrieb genommen wurden und eine bestimmte Größe haben, verbindlich vorgeschrieben. Betreiber dieser Anlagen erhalten EEG-Zahlungen in Gestalt der Marktprämie. Sie gleicht jedoch bei weitem nicht alle Kosten aus und setzt somit einen finanziellen Anreiz, die Stromerzeugung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen im Falle negativer Strompreise einzustellen (mehr zu Direktvermarktung und Marktprämie erfahren Sie hier). Neuanlagen erhalten im Übrigen keine Förderung mehr, wenn die negativen Preise länger als sechs Stunden andauern. Der Anteil der Erneuerbare-Energien-Anlagen, die aufgrund der Pflicht zur Direktvermarktung flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren, wird in Zukunft weiter steigen – bei Windkraftanlagen liegt er bereits bei über 90 Prozent.

Gefragt: mehr Flexibilität in jeder Hinsicht

Negative Strompreise sind eine Umkehrung des Normalfalls. Sie sind aber nicht per se schädlich. Vielmehr sind sie ein Zeichen beziehungsweise ein Anreiz dafür, dass unser gesamtes Stromsystem im Zuge der Umstellung unserer Energieversorgung auf Erneuerbare noch flexibler werden muss – indem Erzeuger und Verbraucher stärker auf die schwankende Stromproduktion aus Erneuerbaren reagieren; indem die Kopplung von Stromnetz und -märkten zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern weiter verstärkt wird; indem überschüssiger Strom gespeichert und später verbraucht werden kann; und indem mehr Flexibilitätsoptionen genutzt werden (mehr dazu erfahren Sie hier). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie arbeitet kontinuierlich daran, die Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität bei den Erzeugern und Verbrauchern zu verbessern.

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