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Illustration: Haus und Bäume unter einer Lupe © BMWK

Was ist eigentlich Bürgerenergie?

Bürgerenergiegesellschaften geben der Energiewende Rückenwind und unterstützen gleichzeitig die Menschen und Kommunen vor Ort. Doch wer kann eine Bürgerenergiegesellschaft eigentlich gründen und wie werden sie gefördert? Ein Blick in die Praxis.

Darum geht´s: In Bürgerenergiegesellschaften gestalten die Menschen die Energiewende vor Ort selbst aktiv mit.

Hans-Jürgen Weidt ist Thüringer, das hört man gleich – auch wenn im Windpark, in dessen Mitte er gerade steht, der Wind ganz ordentlich weht. „Wenn die Energiewende, gerade im strukturschwachen ländlichen Raum richtig gemacht wird, also die Wertschöpfung auch vor Ort bleibt, ist das eine große Chance“, sagt er und meint damit die lohnenden Bürgerenergieprojekte, die die Bürgerenergiegenossenschaft Helmetal in seiner Heimat betreibt. Gemeinsam mit 16 weiteren Thüringern hatte Weidt diese 2013 gegründet – heute sind fast 90 Bürgerinnen und Bürger Teil der Gesellschaft, die inzwischen mit 20 Projekten in allen Bereichen der Erneuerbaren Energien aktiv ist.

Investitionen werden auf mehrere Schultern verteilt

Im örtlichen Windpark Nentzelsrode etwa stehen insgesamt 18 Windräder. Zwei davon gehören anteilig der Energiegenossenschaft. Da eine einzelne Anlage mehrere Millionen Euro kostet, wurde die Investition auf mehrere Schultern verteilt. Bei den beiden Windrädern in Nentzelsrode tragen die örtlichen Stadtwerke die Hälfte, die andere Hälfte teilen sich Energiegenossenschaften aus dem nördlichen Thüringer Raum. Eine davon: die Bürgerenergiegenossenschaft Helmetal. „Ein solches Windrad versorgt bis zu 1.200 Haushalte ein Jahr lang mit Strom“, erklärt Hans-Jürgen Weidt.

Grundsätzlich können sich alle in einer Energiegenossenschaft einbringen. Rund 500 Euro kostet beispielweise ein Anteil in Helmetal. Dafür bekommen die Mitglieder ein Stimmrecht und eine Rendite in Höhe von derzeit vier Prozent. Ein weiteres Plus: Der Bund unterstützt in der Anfangsphase neuer Windenergieprojekte und hilft Planungsrisiken zu reduzieren. Im Rahmen der Förderrichtlinie „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land können Fördermittel für die Planung und Genehmigung von Projekten beantragt werden. Das BMWK gewährt dafür eine rückzahlbare Anteilfinanzierung in Höhe von 70 Prozent der Planungs- und Genehmigungskosten.

Förderung für Bürgerenergieprojekte weiter verbessert

Zum 1. Juli 2024 wurde die Förderung für solche Bürgerenergieprojekte nochmals verbessert: Die maximale Förderhöhe pro Projekt steigt um 100.000 Euro auf nun bis zu 300.000 Euro, die Mindestmitgliederzahl für antragstellende Gesellschaften wurde auf 15 natürliche Personen herabgesetzt. Auch die Regelungen zur Rückzahlbarkeit der Zuwendung sind nun deutlich einfacher.

Auch die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das zum 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, stärkt die Bürgerenergie. So werden Wind- und Solarprojekte von Bürgerenergiegesellschaften so weit wie möglich von den Ausschreibungen ausgenommen. Für Windenergieanlagen an Land gilt dann die Ausschreibungsgrenze von 18 Megawatt.

Sebastian Kupfer, ebenfalls ein Mitbegründer der Energiegenossenschaft Helmetal sagt: „Über die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger schaffen wir vor Ort Akzeptanz für die Erneuerbaren.“ Mit dem Hinweis an der Eingangstür einer Kita gab es für die Helmetaler mal einen ganzen Schwung neuer Mitglieder. „Hier betreibt die eG Helmetal eine Photovoltaikanlage mit der Gesamtleistung von 15,43 Kilowattpeak (kWp)“, war dort zu lesen. Insgesamt 63 Module produzieren auf dem Dach den Strom für die Kita-Küche, für die Computer und die Lampen im Gebäude.

Energiewende aktiv mitgestalten sorgt für Verständnis und Akzeptanz

Auch die Regionen insgesamt profitieren von den Bürgerenergieprojekten: Der regional produzierte Strom kann dazu beitragen, die Netzentgelte zu verringern und die Strompreise zu stabilisieren - für kommunale Verbraucher wie Privathaushalte gleichermaßen. Stellen die Kommunen Grundstücke für Windräder zur Verfügung, profitieren sie außerdem von den Pachteinnahmen.

Mit Bürgerenergieprojekten nehmen die Menschen vor Ort die Energiewende selbst in die Hand und können sie aktiv mitgestalten. Das sorgt auch für ein tieferes Verständnis und mehr Akzeptanz vor Ort. Die Energiegenossenschaften Thüringen bieten inzwischen sogar einen eigenen „Ökostrom-Tarif“ an. Die Energiegenossenschaft Helmetal hat schon das nächste Projekt im Blick: eine eigene Windkraftanlage, die zu 100 Prozent ihnen gehört. Die ganze Geschichte der Bürgerenergiegesellschaft Helmetal gibt es hier im Video.

Anträge für eine Förderung im Rahmen der Förderrichtlinie „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden. Die angepasste Förderrichtline finden Sie hier.

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