Deutschland treibt Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes voran
Er soll als Energieträger der Zukunft Kraftwerke und Hochöfen klimafreundlich betreiben. Grüner Wasserstoff gilt als ein Schlüsselelement für die weitere Dekarbonisierung energieintensiver und nicht elektrifizierbarer Industriezweige. Künftig wird er mithilfe eines 9.700 Kilometer langen Transportnetzes durch Deutschland fließen. Zwischen 2025 und 2032 sollen die Wasserstoff-Leitungen dafür sukzessive in Betrieb gehen. Für 60 Prozent des Netzes können dabei bereits bestehende Erdgas-Leitungen umgerüstet werden.
Im sachsen-anhaltischen Energiepark Bad Lauchstädt wird das schon jetzt Realität. Hier entsteht Deutschlands erste Wasserstoff-Pipeline, die alle Elemente der Wasserstoff-Infrastrukturkette - wie Erzeugung, Speicherung, Transport und Anwendung - bereits erprobt und nutzt. Dafür rüsten die Bad Lauchstädter bestehende Erdgas-Leitungen aus den 70er Jahren um, die künftig den nahe gelegenen Chemiepark Leuna mit grünem Wasserstoff versorgen sollen. Die Erkenntnisse aus diesem Reallabor der Energiewende können dann auf andere Regionen und Projekte übertragen werden.
Versorgungssicherheit mit Erdgas muss weiter gewährleistet sein
Am 15. November 2023 hat das Bundeskabinett den gesetzlichen Rahmen für einen integrierten Netzentwicklungsplan Wasserstoff und Gas sowie die Kernnetz-Finanzierung beschlossen. Parallel dazu haben die Fernleitungsnetzbetreiber (künftige Wasserstoffnetzbetreiber) ihren Antragsentwurf zur Ausgestaltung eines solchen Kernnetzes veröffentlicht. Er zeichnet das Grundgerüst der Wasserstoff-Infrastruktur, mit dem deutschlandweit wesentliche Wasserstoff-Standorte, wie große Industriezentren, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore angebunden werden sollen.
Wichtig bei der Planung und Umsetzung des Kernnetzes ist es, die Versorgungssicherheit mit Erdgas stets weiter zu gewährleisten. Es darf aufgrund von Umstellungen auf Wasserstoff keine Engpässe in der Erdgasversorgung geben. 100 Gigawatt soll die Einspeisekapazität des Kernnetzes letztendlich betragen, die Ausspeisekapazitäten sollen bei 87 Gigawatt liegen. Damit ist das Kernnetz gut für den erwarteten zukünftigen Bedarf vorbereitet. Im Jahr 2032 ist das Kernnetz bereits für eine Ausspeiseleistung von rund 280 Terawattstunden dimensioniert. Zum Vergleich: In der Nationalen Wasserstoffstrategie wird für das Jahr 2030 derzeit von einem Wasserstoff-Bedarf von 95 bis 130 Terawattstunden ausgegangen.
Finanziert werden soll das Wasserstoff-Kernnetz grundsätzlich vollständig privatwirtschaftlich. Dafür werden privatwirtschaftliche Investitionen der Netzbetreiber angereizt und die vollständige Finanzierung des Wasserstoff-Kernnetzes über Netzentgelte ermöglicht. Da in den ersten Jahren nur wenige Nutzer angeschlossen sein werden, können die anfänglich hohen Investitionskosten nicht voll auf sie umgelegt werden. Die auflaufenden Mindereinnahmen dieser ersten Phase können durch spätere Mehreinnahmen ausgeglichen werden, wenn mehr Wasserstoffabnehmer an das Netz angeschlossen sind. Mit dieser „Entgeltverschiebung" tragen spätere Nutzer somit die Aufbaukosten des Netzes mit.
Wasserstoff-Kernnetz soll ein deutschlandweites Grundgerüst bilden
Wichtig: Das Kernnetz dient zuerst dem überregionalen Transport von Wasserstoff und bildet ein deutschlandweites Grundgerüst. Es ist also nur die erste Netzausbauphase. In darauffolgenden Entwicklungsschritten sollen dann weitere Regionen und Standorte angeschlossen und das Netz bedarfsgerecht optimiert und ausgebaut werden. Dazu wird alle zwei Jahre ein integrierter Netzentwicklungsplan für Gas und Wasserstoff auf Basis einer szenario- und bedarfsbasierten Planung erstellt. Ausgehend hiervon können dann künftig weitere Wasserstoffverbraucher und Wasserstofferzeuger sowie Wasserstoffspeicher an ein flächendeckendes Netz angebunden werden.
Der erste integrierte Netzentwicklungsplan soll 2026 von der Bundesnetzagentur bestätigt werden. Sie ist dafür zuständig, Netzpläne zu genehmigen und Netzentgelte festzusetzen. Dabei arbeitet sie eng und transparent mit den Fernleitungsnetzbetreibern und der Bundesregierung zusammen. Die Fernleitungsnetzbetreiber bauen, betreiben und finanzieren Leitungen. Die Bundesregierung legt den gesetzlichen Rahmen einschließlich der Kernnetz-Kriterien fest und schafft damit Planungssicherheit für die Wirtschaft.
Trotz zukünftig eigener Wasserstoffinfrastruktur wird Deutschland einen großen Teil des benötigten Wasserstoffs (rund 50 bis 70 % im Jahr 2030) durch Importe aus dem Ausland decken müssen. Dafür soll das Wasserstoff-Kernnetz eng in das europäische Wasserstoffnetz eingebettet und weitere Kooperationen mit anderen EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden. Sie sollen einen koordinierten europäischen Wasserstoffhochlauf mit gemeinsamen Standards und koordinierten Importen ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
- BMWK-FAQ zum Wasserstoff-Kernnetz
- Informationen des FNB Gas e.V. zum Wasserstoff-Kernnetz
- Informationen der Bundesnetzagentur zur Konsultation des Wasserstoff-Kernnetzes
- BMWK-Pressekonferenz zum Wasserstoff-Kernnetz
- BMWK-Pressemitteilung: „Gesetz zur Wasserstoff-Netzplanung und Kernnetz-Finanzierung beschlossen“