Was sind eigentlich Carbon Contracts for Difference?
Darum geht's: Branchen und Unternehmen erhalten Betriebs- und Investitionskostenzuschüsse für den Einsatz CO2-armer Technologien. Dabei werden ihre zusätzlichen CO2-Vermeidungskosten berücksichtigt.
Wie in jedem guten Vertrag geht es in einem Carbon Contract for Difference darum, sich gegenseitig etwas zu versprechen und diese Versprechen zu halten. Im besten Fall haben am Ende beide etwas davon. In diesem Fall geht´s ums Ganze, nämlich um unser Klima und die Zukunft unserer Industrieunternehmen. Warum das nicht übertrieben ist? Die verarbeitende Industrie in Deutschland beschäftigt rund sieben Millionen Menschen, rund 15 Prozent davon in der energieintensiven Industrie. Diese ist aber auch für ein Fünftel der Treibhausgasemissionen im Land verantwortlich. Bis 2050 soll sie treibhausgasneutral produzieren. Die Bundesregierung hat deshalb neben der Wasserstoffstrategie unter anderem auch das "Handlungskonzept Stahl" für eine international wettbewerbsfähige und klimaneutrale Stahlindustrie entworfen. Denn für energieintensive Branchen wie Stahl und Chemie ist der Weg zur klimafreundlichen Industrie besonders herausfordernd. Sie brauchen Planungssicherheit und klare politische Rahmenbedingungen. Hier können Carbon Contracts for Difference helfen.
Ursprung in der Finanzbranche
Contracts for Difference (Differenzverträge) sind ursprünglich ein Produkt aus der Finanzwelt. Sie dienen dazu, schwankende Preise beispielsweise für Aktien oder Rohstoffe abzusichern. Dafür wird zwischen Verkäufer und Käufer ein Preis (strike price) für ein bestimmtes Produkt zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart. Liegt zu diesem Zeitpunkt der vereinbarte Preis unter dem momentanen Marktpreis, muss der Käufer die Differenz zwischen vereinbartem Preis und Marktpreis an den Verkäufer bezahlen. Liegt der Marktpreis über dem strike price, verhält es sich genau anders herum: Der Verkäufer muss die Differenz an den Käufer bezahlen. Mit diesem Instrument lassen sich Investitionsrisiken also gut abfedern.
Mit diesem Mechanismus lassen sich nicht nur unsichere Preisentwicklungen absichern, sondern auch neue Technologien wettbewerbsfähig machen. Sogenannten Carbon Contracts for Difference (CCfD) können beispielsweise genutzt werden, um treibhausgasneutrale Produktionsprozesse zu unterstützen. Diese sind meist teurer als der Einsatz herkömmlicher Technologien, aber mit Blick auf die Dekarbonisierung der Industrie dringend notwendig.
So funktionieren CCfD in der Praxis
Und was heißt das in der Praxis? Ein stark vereinfachtes Beispiel von zwei Unternehmen aus der energieintensiven Industrie: Unternehmen A, das mittels herkömmlicher Technologie produziert, hat Produktionskosten von zehn Euro für ein Gut und muss zusätzlich für fünf Euro Emissionszertifikate für den CO2-Ausstoß der Produktion kaufen. Insgesamt liegen die Produktionskosten des Gutes also bei 15 Euro. Solange der CO2-Preis relativ niedrig ist, ist die Produktion von Unternehmen A mit herkömmlichen Technologien günstiger als für Unternehmen B, das mithilfe einer teureren, treibausgasneutralen Technologie produziert und Produktionskosten von 16 Euro hat. Die sogenannten CO2-Vermeidungskosten bei Unternehmen B betragen sechs Euro. Der Staat und das Unternehmen B können nun einen CCfd abschließen, der die Differenz zwischen dem Marktpreis für Emissionszertifikate und den CO2-Vermeidungskosten ausgleicht. In unserem Beispiel beträgt diese Differenz einen Euro (sechs Euro CO2-Vermeidungskosten minus fünf Euro Zertifikatepreis). Ist der Marktpreis für Emissionszertifikate niedriger als die CO2-Vermeidungskosten, zahlt der Staat den Differenzbetrag an Unternehmen B. Im umgekehrten Fall muss Unternehmen B die Differenz zahlen. Bei den energieintensiven Industrien liegen die Vermeidungskosten aber oft weit über dem Preis für Emissionszertifikate. In diesem Fall sorgen CCfD dafür, dass klimafreundliche Technologien gegenüber herkömmlichen Technologien wettbewerbsfähig werden. Der Vorteil eines CCfD liegt dann darin, dass dieser die tatsächlichen Vermeidungskosten eines Unternehmens und dessen Möglichkeiten, diese an den Markt weiter zu geben, berücksichtigt. Wenn über die Zeit Veränderungen zum Beispiel bei den Preisen für Emissionszertifikate auftreten oder beim Thema Carbon-Leakage Schutz der EU, können die Differenzzahlungen flexibel angepasst werden.
Investitionssicherheit und Anreize für CO2-Minderungsziele
Die von der Bundesregierung im Juni 2020 beschlossene Wasserstoffstrategie sieht unter anderem auch vor, dass CCfDs im Rahmen eines Pilotprogramms mit Unternehmen der energieintensiven Industrie genutzt werden. Mit CCfDs erhalten die Unternehmen Investitionssicherheit und gleichzeitig Anreize, die versprochenen CO2-Minderungsziele auch wirklich zu erreichen. Die Carbon Contracts for Difference sind deshalb ein wichtiges Instrument, um klimafreundlichen Verfahren in der industriellen Produktion zur Marktreife und zum Marktdurchbruch zu verhelfen. Sie könnten eine stabile Nachfrage nach Wasserstoff schaffen und hätten so auch eine positive Wirkung auf die Angebotsseite.