Was ist eigentlich die Nordsee-Energiekooperation?
Darum geht´s: An den Küsten der Nordsee kommt immer mehr Windstrom an, der auf dem Meer gewonnen wurde. Zehn Länder, die ihn nutzen wollen, haben sich verbündet - um beim Bau von Windparks und Stromnetzen auf See zusammen zu arbeiten.
Nordsee: Wellen, Wind und weites Meer. Längst dürfen in dieser Aufzählung die Windparks auf See nicht fehlen. Sie werden auch mit Blick auf die Probleme der Windenergie an Land immer wichtiger, um die Klimaziele zu erreichen und eine umweltfreundliche und verlässliche Energieversorgung in der Zukunft sicher zu stellen. 230 bis 450 Gigawatt installierter (Windkraft)Leistung zwischen Watt und Wellen sind nach Angaben der EU-Kommission notwendig, um das für 2050 europaweit gesteckte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Ohne eine internationale Vernetzung ist das aber nur schwer zu schaffen.
Deutschland 2020 mit Schlüsselrolle in der europäischen Energiepolitik
Hier kommt Deutschland ins Spiel. Mit der EU-Ratspräsidentschaft übernemmen wir ab Juli 2020 eine Schlüsselposition in der europäischen Energiepolitik. Wichtigster Arbeitsauftrag dabei: eine sorgsame Weichenstellung zur Umsetzung des sogenannten "Green Deal" der EU-Kommission, denn der Maßnahmenplan soll den Weg in die Klimaneutralität ebnen.
Bereits seit Januar hat Deutschland außerdem für ein Jahr die Präsidentschaft der Nordsee-Energiekooperation von Dänemark übernommen und will diese Synergien nutzen. Die grenzüberschreitende Kooperation von zehn europäischen Staaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden) sowie der EU-Kommission, arbeitet beim Ausbau der Offshore-Windenergie und der Netzinfrastruktur auf See zusammen.
Kabelsalat in der Nordsee?
Sie will die länderübergreifende Abstimmung beim Ausbau der Offshore-Windenergie verbessern und die Produktion von Windstrom auf See mit dem grenzüberschreitenden Stromhandel verknüpfen. Wie das funktionieren soll? Möglich wäre zum Beispiel, neu an das Netz gehende Windparks mit bereits bestehenden Stromleitungen zwischen zwei Ländern zu koppeln. Denkbar ist auch, Windparks in den einzelnen Ländern durch eine zusätzliche Leitung miteinander zu verbinden. So müssten weniger Kabel verlegt werden. Das hilft gegen Kabelsalat und senkt die Gesamtkosten für die teuren Leitungen. Auch die Auslastung der Leitungen und die Versorgungssicherheit in den angeschlossenen Ländern lassen sich so verbessern - weil auch dann Windstrom an Land gehen kann, wenn vor der eigenen Küste gerade kein Wind weht.
Für ein solch komplexes Stromnetz in der Nordsee braucht es jedoch richtig gute "Netzwerktechniker", einen gemeinsamen Förderrahmen für Windstrom in den Mitgliedsländern und eine gemeinsame Regulierung der Netzanschlüsse - etwa für neue Windparks, die mehrere Länder nutzen.
Deutschland will deshalb während seiner Ratspräsidentschaft Eckpunkte für einen EU-Regulierungsrahmen für gemeinsame Wind-Offshore-Projekte erarbeiten. In einem solchen Regulierungsrahmen könnte zum Beispiel geklärt werden, wie die Kosten und Gewinne gemeinsamer Projekte zwischen den einzelnen Ländern aufgeteilt werden und wie die Planung von Windparks auf See und der Netzausbau besser koordiniert werden können.
Künstliche Inseln als Drehkreuz für den Stromtransport
Auch konkrete gemeinsame Wind-Projekte in der Nordsee sollen während der deutschen Präsidentschaft der Nordsee-Energiekooperation weiterentwickelt und vorangebracht werden. Ein solches Projekt könnten die vom Übertragungsnetzbetreiber Tennet erdachten "North Sea Wind Power Hubs" sein. Künstliche Inseln für je bis zu 15.000 Megawatt (MW) Windkraftleistung, die Tennet dafür in der Nordsee aufschütten will. Mit mehreren Ländern verbunden, könnten solche Hubs Drehkreuze für den Im- und Export von Windstrom sein.