Solarzellen mit Freischwimmer
Sie sind bis zu 1.000 Mal dünner als ein menschliches Haar und die große Hoffnung im Forschungsprojekt "Organische Photovoltaik zur Abdeckung von Wasserreservoiren" (H2OPV). In dem Projekt untersuchen Experten, wie extraschlanke organische Solarzellen auf umweltfreundlichen Abdeckfolien die Energiewende voranbringen können. Eine Idee dabei: Die schwimmfähigen Folien könnten zukünftig Wasserreservoire vor Verschmutzung und Verdunstung schützen und gleichzeitig Strom erzeugen.
Die ersten Praxistests dazu am Freiburger Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) laufen bereits. Dafür wurde eine 50 Meter lange und 36 Zentimeter breite Solarfolienbahn beschichtet und viele einzelne 30 mal 40 Zentimeter große Module miteinander verschaltet. Mit den Tests wollen die Forscher wichtige Erkenntnisse sammeln, um solche Module künftig mit industrienahen Methoden herstellen zu können. Denn Solarzellen aus organischen Substanzen statt aus Silizium haben viele Vorteile:
Flexible Materialien für vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Je nach Produktionsverfahren lassen sie sich flexibel verbiegen und - so die Einschätzung - industriell günstiger fertigen als herkömmliche Photovoltaikmodule. Der Hintergrund: Halbleitermaterialien wandeln die Energie der Sonnenstrahlen in Strom um. In der organischen Photovoltaik besteht das Halbleitermaterial der Solarzellen aus Kohlenstoffverbindungen. Bei herkömmlichen Solarzellen ist der Halbleiter dagegen meist aus kristallinem Silizium, also stabilem, unbiegsamen Material gefertigt. Die organische Photovoltaik bietet also viele neue Möglichkeiten, da das Material in dünnen, flexiblen Schichten auf biegsame Folien oder andere biegsame Materialien aufgetragen werden kann.
Noch ist die Lebensdauer der Zellen und ihr Wirkungsgrad (der Anteil der Sonnenstrahlen, die in Strom umgewandelt werden können) nicht mit denen der kristallinen Silizium-Solarzellen vergleichbar. Doch die Geschwindigkeit, mit der solche Materialien heute entwickelt werden, ist hoch. Die Forscher sind deshalb sicher, dass es beim Wirkungsgrad ihrer Module bald deutliche Fortschritte geben wird. Bereits jetzt arbeiten die Projektpartner an neuen organischen Halbleitermaterialen, die effizienter als die bisherigen aber genauso langlebig sein sollen. Ein Jahrzehnt müssen sie mindestens halten, so das Ziel.
Im ersten Schritt konzentrieren sich die Forscher auf den Einsatz der Folien als schwimmende Photovoltaikanlage, die ihren Verwandten schon jetzt vieles voraushat. Sie kann als luftdichte Abdeckung für Wasserreservoire verwendet werden und so Verschmutzung und Verdunstung verringern. Das könnte gerade für Länder mit starker Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen interessant sein. Selbst Algen haben unter der Folie keine Chance. Das Wasser kommt so ohne Chemie oder die energieintensive Zugabe von Sauerstoff mit Pumpen aus. Auch der Transport und die Installation sind einfach. Das spart Kosten und Energie.
Besonders umweltfreundliche Photovoltaik-Technologie
Längst jedoch hat Projektleiter Markus Gnass viele weitere Anwendungsgebiete im Sinn. Auch als Abdeckung für Flachdächer könnten die Planen genutzt werden, ist er sicher. "Die Solarzellen wären dann bereits in die Abdeckung integriert und es bedarf keiner weiteren Installation von Photovoltaik-Modulen", erklärt Gnass die Idee. Er koordiniert das Verbundprojekt für das Unternehmen ContiTech Elastomer-Beschichtungen GmbH.
Im Prinzip können die dünnen und stabilen Planen überall dort sinnvoll eingesetzt werden, wo etwas abgedeckt werden muss. An Gewächshäusern etwa, die einen hohen Energiebedarf haben, oder auf Mülldeponien, die dadurch aufgewertet werden. Für möglich hält der Experte auch den Einsatz im Verkehr, zum Beispiel als Abdeckplane für LKW. Um hier wirtschaftlich zu sein, müssten die Effizienz und der Wirkungsgrad allerdings noch deutlich höher ausfallen, so Gnass.
Bis dahin ist es noch ein Stück, doch die Projektpartner sind sich schon jetzt sicher - die organische Photovoltaik hat das Potential, zur umweltfreundlichsten Photovoltaik-Technologie zu werden. Der eigentliche Halbleiter kommt ohne Schwermetalle aus und das Material hat eine gute Ökobilanz. Es kann vergleichsweise energiearm hergestellt werden und benötigt aufgrund der äußerst dünnen Schichten wenig Material. Das Forschungsprojekt "H2OPV" wird mit rund 2,5 Millionen Euro vom BMWi gefördert.