Energiesystem
Staatssekretär Rainer Baake am Rednerpult. © BMWi/Susanne Eriksson

Visionen für die digitale Energiewelt

Werden wir künftig mit unseren Nachbarn Strom per App tauschen? In fünf Schaufensterregionen wird die Zukunft der Energiewende entwickelt. Bei der Auftaktkonferenz zum SINTEG-Programm diskutierten die Teilnehmer Ideen für die Energiewelt von morgen.

Bis zum Jahr 2050 sollen mindestens 80 Prozent des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energien abgedeckt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es nicht, einfach mehr Windenergie- und Solaranlagen zu bauen. Das Stromsystem muss insgesamt flexibler und intelligenter werden. Doch wie genau müssen sich die Netze verändern? Wie können Industrie und Gewerbe ihre Produktionsanlagen flexibel einsetzen, wenn mehr oder wenig Strom als geplant zur Verfügung steht? Welchen Beitrag können Speicher leisten? Was können die privaten Verbraucher tun? Und welche Möglichkeiten eröffnet die Digitalisierung?

Fünf Schaufensterregionen suchen nach Antworten auf diese Fragen und erproben mögliche Lösungen in der Praxis. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt sie im Förderprogramm "Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende (SINTEG)" dabei, Konzepte für die Zukunft der Energie zu erarbeiten und zu demonstrieren. Sind sie erfolgreich, sollen sie als Vorbild für eine breite Umsetzung in ganz Deutschland dienen. SINTEG ist das größte derartige Modellvorhaben in Europa und ein wichtiger Baustein zur Digitalisierung der Energiewende.

Alle Schaufenster setzen auf Digitalisierung

"Aus den Erfahrungen der fünf Schaufenster versprechen wir uns auch in der Praxis getestete Hinweise für die zukünftige Weiterentwicklung des Rechtsrahmens und einen Schub für die Energiewende", sagte BMWi-Staatssekretär Rainer Baake bei der Auftaktkonferenz vergangene Woche in Berlin. Dabei trafen sich Vertreter der beteiligten Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Vereine und Kommunen sowie Gäste aus Politik und Medien zum Austausch.

Die Modellprojekte sind Ende 2016 beziehungsweise Anfang 2017 gestartet. Jedes Schaufenster findet vor Ort andere Voraussetzungen und hat einen anderen Fokus. Alle setzen jedoch auf die Digitalisierung, um ein Gleichwicht von Stromerzeugung und -verbrauch zu erreichen. Dafür vernetzen sie alle Komponenten und Akteure des Energiesystems. Zum Beispiel werden digitale Marktplattformen für den Austausch von Energie geschaffen; intelligente Steuerungstechnik in Industriebetrieben getestet. Oder viele kleine Batteriespeicher von Privathaushalten gebündelt, um die Energie zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen.

Wer weiß, vielleicht können wir künftig per App Strom mit unseren Nachbarn tauschen, und intelligente Windräder können die Energieproduktion alleine steuern. Mehr als 300 Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Kommunen, Landkreise und Bundesländer arbeiten in den Modellregionen gemeinsam an der Energiewelt von morgen. Das BMWi unterstützt diese Arbeit mit über 200 Millionen Euro Fördermitteln. Dazu kommen eigene Mittel der beteiligten Unternehmen. Damit werden in den nächsten vier Jahren mehr als 500 Millionen Euro in die Zukunft des Energiesystems investiert.

Neue Verordnung soll Praxistests ermöglichen

Um den SINTEG-Teilnehmern die Möglichkeit zu bieten, ohne wirtschaftliche Nachteile neue Netzbetriebskonzepte, Technologien, Verfahren und Geschäftsmodelle in der Praxis zu erproben, will das BMWi "Experimentieroptionen" schaffen. Eine entsprechende Verordnung wurde erarbeitet und soll voraussichtlich Mitte Mai beschlossen werden. Mit der Verordnung wird ausdrücklich kein Vorentscheid für zukünftige regulatorische Regelungen getroffen.

Die fünf Modellregionen wurden in einem Förderwettbewerb ausgewählt. Sie sind über ganz Deutschland verteilt:

  • "C/sells: Großflächiges Schaufenster im Solarbogen Süddeutschland": Das Schaufenster in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen hat den Schwerpunkt "Solarenergie". Im Fokus steht die regionale Optimierung von Erzeugung und Verbrauch.
  • "Designetz: Baukasten Energiewende – Von Einzellösungen zum effizienten System der Zukunft": In dem Schaufenster in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland soll Energie aus Solarenergie und Windkraft für die Versorgung von urbanen und industriellen Verbrauchern genutzt werden.
  • "enera: Der nächste große Schritt der Energiewende": Im niedersächsischen Schaufenster geht es unter anderem um regionale Systemdienstleistungen, die das Netz lokal stabilisieren und die Zuverlässigkeit der Stromversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien weiter erhöhen.
  • "NEW 4.0: Norddeutsche EnergieWende": Das Schaufenster in Schleswig-Holstein und Hamburg soll zeigen, dass die Region bereits 2025 sicher und effizient mit 70 Prozent regenerativer Energie versorgt werden kann.
  • "WindNODE: Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands" umfasst die fünf ostdeutschen Länder und Berlin. Ziel ist eine effiziente Einbindung von erneuerbarer Erzeugung in einem System aus Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor.
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