Auf dem Weg zu weitgehender Klimaneutralität
Der Klimaschutzplan 2050 ist beschlossen. Das Bundeskabinett einigte sich auf eine Strategie, wie Deutschland in den nächsten Dekaden zu einem weitgehend treibhausgasneutralen Land werden soll, ohne dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu gefährden. "Wir haben eine sehr gute und ausgewogene Lösung gefunden", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Er hatte sich in den Verhandlungen dafür eingesetzt, dass die vom Rückgang der Kohleverstromung betroffenen Regionen realistische Perspektiven erhalten. "Nur wenn wir Klimaschutz mit dem Erhalt der industriellen Arbeitsplätze auch in der energieintensiven Industrie verbinden, werden uns andere Länder in unserer sehr ambitionierten Klimaschutzpolitik folgen", so Gabriel. Die Beratungen hätten sich gelohnt, denn immerhin gehe es um nicht weniger als die strategische Ausrichtung für einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren (das komplette Statement von Sigmar Gabriel finden Sie hier).
Federführend bei der Ausarbeitung des Klimaschutzplans 2050 ist Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks. Sie sprach von einer Zeitenwende in der deutschen Klimapolitik, die mit dem Klimaschutzplan eingeleitet werde. Vergangene Woche reiste sie mit dem Klimaschutzplan im Gepäck zur 22. UN-Klimakonferenz (COP 22) nach Marokko.
Konkrete Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens
Bis 2050 sollen die Treibhausgasemissionen Deutschlands im Vergleich zu 1990 um 80 bis 95 Prozent vermindert werden. Das hatte die Bundesregierung bereits 2010 beschlossen. Wenige Tage vor Beginn der COP 22 ist das internationale Klimaschutzabkommen in Kraft getreten, das bei der COP 21 vor einem Jahr in Paris beschlossen worden war. Es setzt der Staatengemeinschaft ambitionierte Ziele für den internationalen Klimaschutz: weltweite Treibhausgasneutralität im Laufe der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Der jetzt beschlossene Klimaschutzplan 2050 zeigt, wie Deutschland das Pariser Abkommen konkret umsetzt:
- Sektorziele: Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgase um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Dieses Zwischenziel wird in Deutschland nun erstmals auf einzelne Sektoren heruntergebrochen: Energiewirtschaft, Gebäude, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft. Im Zuge der Verhandlungen ist es gelungen, bei den Sektorzielen für Energie und Industrie vertretbare Korridore für eine CO2-Reduzierung zu vereinbaren. Die Energiewirtschaft soll ihren Treibhausgasausstoß gegenüber 1990 um 61 bis 62 Prozent senken, die Industrie um 49 bis 51 Prozent. Die höchsten prozentualen Einsparungen soll der Gebäudebereich erzielen: 66 bis 67 Prozent. Es wird eine umfassende Folgenabschätzung geben, um die Sektorziele zu überprüfen und die Ergebnisse mit den Sozialpartnern zu diskutieren. Darauf aufbauend wird 2018 eine Anpassung der Sektorziele erwogen.
- Regionalfonds: Der Umbau der Energieversorgung mit einer stärkeren Ausrichtung auf erneuerbare Energien bedeutet, dass der Anteil konventioneller Energieerzeugung aus Kohle sinken wird. Deshalb wurde ein Regionalfonds beschlossen. Er soll neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den von diesem Strukturwandel betroffenen Regionen schaffen, bevor konkrete Schritte zur Verringerung der Kohleverstromung unternommen werden. Die beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie anzusiedelnde Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung" soll ab 2018 konkrete Vorschläge dafür erarbeiten.
- Emissionshandel: Die Bundesregierung bekennt sich zu einem effektiven Emissionshandel als zentralem Klimaschutzinstrument auf EU-Ebene für die Energiewirtschaft und die Industrie. Das EU-weite System des Emissionshandels, auch ETS genannt (was das genau bedeutet, lesen Sie hier), kann auch Preisanreize für Emissionsminderungen auf nationaler Ebene setzen. Deshalb wird angestrebt, die Preisanreize zu stärken und die Effektivität des ETS zu erhöhen. Für die Industrie wurde eine Lösung gefunden, die effiziente Anlagen nicht bestraft, sondern belohnt. Diese Anlagen sollen eine kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten in Höhe von 100 Prozent des sogenannten Benchmarks einer Branche erhalten. Die Gesamtmenge für die kostenlose Zuteilung soll deutlich erhöht werden.
Offener Wettbewerb um die besten Ideen und Technologien
Im Rahmen der vereinbarten Ziele setzt die Bundesregierung auf Innovationsoffenheit: Offener Wettbewerb um die besten Ideen und Technologien soll Deutschland auf dem Weg zur weitgehenden Treibhausgasneutralität voranbringen. Der Klimaschutzplan bietet dabei Orientierung und hilft den einzelnen Wirtschaftszweigen, Fehlinvestitionen und Strukturbrüche zu vermeiden. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz werden künftig Standard für Investitionen sein. Damit schafft der Klimaschutzplan die erforderlichen Voraussetzungen für deutsche Unternehmen, auf dem Weg zu einer dekarbonisierten Weltwirtschaft auch wettbewerbsfähig zu bleiben.