Was sind eigentlich "HGÜ-Leitungen"?
Darum geht’s: Wie lassen sich große Strommengen transportieren?
Damit die Energiewende gelingt, muss das Übertragungsnetz in Deutschland künftig große Strommengen über weite Strecken transportieren können. Unterwegs sollte dabei möglichst wenig Energie verlorengehen. Zu gewissen Stromverlusten kommt es immer, weil der durchfließende Strom die Leitungen erwärmt und dabei Energie buchstäblich "auf der Strecke bleibt". Das kennen wir ja bereits von den alten Glühbirnen – sie haben sich selbst "erhitzt", anstatt die gesamte Energie in Licht umzuwandeln.
Um die Leitungsverluste auf langen Strecken so gering wie möglich zu halten, braucht es bei Stromleitungen zwei Dinge: eine hohe Spannung und Strom, der nur in eine Richtung fließt. HGÜ-Leitungen kombinieren beides, die Abkürzung steht für Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung. Schauen wir uns die beiden Komponenten genauer an:
Hoher Spannungsfaktor ist entscheidend
Vereinfacht gilt: Je höher die Spannung ist, desto geringer sind die Transportverluste. Also benötigen wir eine möglichst hohe Spannung, um Strecke zu machen – so wird zum Beispiel die HGÜ-Leitung "Ultranet" mit einer Spannung von 380.000 Volt betrieben werden. Zum Vergleich: Im örtlichen Stromnetz, das die Haushalte versorgt, werden lediglich 220 Volt oder 400 Volt gemessen. Die neu gebauten Stromautobahnen haben also eine rund tausendmal höhere Spannung als die Leitung vor der Haustür.
Strom, der nur in eine Richtung fließt
Bisher wird der Strom – auch über längere Strecken – als Wechselstrom transportiert. Der Name ist dabei Programm: Wechselstrom ändert in kurzen Abständen die Richtung, und zwar 50 Mal pro Sekunde. Durch diese Richtungsänderung des Stroms geht auch Energie verloren. Bei Distanzen von mehreren hundert Kilometern summieren sich die Verluste: Der Strom powert sich im wahrsten Sinne des Wortes aus. Bei Gleichstrom passiert das in weitaus geringerem Maße. Je nach Länge fallen in HGÜ-Leitungen die Übertragungsverluste 30 bis 50 Prozent geringer aus als in Leitungen mit Wechselstrom.
Höhere Investitionskosten werden ausgeglichen
Noch sind Wechselstromleitungen die gängige Technologie bei oberirdisch verlegten Höchstspannungstrassen, da sie wenig störungsanfällig und relativ günstig sind. Einige neue Verbindungen über besonders lange Strecken werden inzwischen jedoch als HGÜ-Leitung geplant. Die geringeren Leitungsverluste gleichen hier die höheren Investitionskosten aus, die für diese Technologie anfallen. Denn insbesondere die sogenannten Konverter, die am Anfang und Ende der Leitung den Wechselstrom in Gleichstrom umwandeln (und umgekehrt), sind relativ teuer. HGÜ-Leitungen finden sich bislang vor allem bei Unterseekabeln und bei Offshore-Anbindungsleitungen, die die Windparks auf dem Meer mit dem Festland verbinden.
Übrigens: Ende 2015 hat die Bundesregierung das "Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Energieleitungsbaus" beschlossen und somit festgelegt, dass beim Bau von HGÜ-Leitungen Erdkabel den Vorrang vor Freileitungen haben. Damit wurde der Weg freigemacht für eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung, weil Erdkabel anders als Leitungen auf Strommasten das Landschaftsbild weniger stören. Unterirdische HGÜ-Leitungen werden auch bei den großen Stromautobahnen SuedLink und SuedOstLink zum Einsatz kommen (mehr dazu lesen Sie hier).