Der Her(t)z-Schrittmacher
Viele freuen sich schon auf die Sommerferien. Kein Wunder, denn wenn die Sonne richtig scheint, stehen oft die langen Urlaube an. Und vorher die Staus auf der Autobahn.
Stau auf der Stromautobahn
Viel Sonne, viel Stau. Das kann auch auf den Stromautobahnen passieren. Denn bei wolkenlosem Himmel oder Wind speisen Solaranlagen und Windräder viel Strom ins Netz – und wenig, wenn sich Wolken vor die Sonne schieben und der Wind abflaut. Diesem Auf und Ab müssen die Stromnetze standhalten. Das gilt sowohl für die großen Übertragungsnetze, die Strom über weite Strecken transportieren, als auch für die kleineren Verteilnetze, die den Strom wie die Ausfahrten einer Autobahn bis an verwinkelte Ziele und ins eigene Wohnzimmer bringen.
Eine große Herausforderung. Denn je mehr erneuerbare Energien in Deutschlands Stromnetzen fließen, desto besser muss die volatile Stromerzeugung im Netz abgefedert werden. Hinzu kommen neue Technologien wie Elektrofahrzeuge oder -fahrräder, die mal tagsüber, mal nachts aufgeladen werden. Zudem liefern Verteilnetze Strom künftig nicht nur aus, sondern nehmen umgekehrt häufiger Ökostrom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen auf, etwa eingespeister Strom aus Solardächern.
Im Stromnetz entstehen also Belastungen, die technische Lösungen brauchen. Eine davon könnte gerade in Wachtendonk, nahe der niederländischen Grenze, gefunden werden.
Fitnesstest in Niederspannung
Ein Verbund aus drei Technologieunternehmen und zwei Hochschulen hat sich unter Federführung der Stadtwerke Krefeld vorgenommen, Niederspannungsnetze fit für die Energiewende zu machen. Dieser Teil des Netzes versorgt die Mehrheit der Endverbraucher mit elektrischer Energie und leitet den Strom bis in die einzelnen Haushalte. Wie in einem Fitnesstest wollen die Forscher und Entwickler mit einem neuen Messsystem feststellen, ob Netze in einer bestimmten Gegend der Energiewende stark beansprucht sind. Dafür werden an wichtigen Knotenpunkten des Stromnetzes punktgenau Messdaten erfasst, beispielsweise in Kabelverteilerschränken oder in Ortsnetzstationen. Heraus kommen große Datenmengen, die gebündelt und nahezu in Echtzeit ausgewertet werden.
Erst messen, dann handeln
Misst das neue System etwa eine zu hohe Spannung im Netz, übermittelt es die Werte an den Netzbetreiber. Fast wie eine Pulsuhr. Diese kann künftig dafür genutzt werden, ohne Verzögerung korrigierend in das Netzgeschehen einzugreifen. So bleibt das Niederspannungsnetz stabil und alle Anwohner werden verlässlich versorgt. Mit dem System können die Forscher auch feststellen, ob die Niederspannungsnetze ausgebaut werden müssen oder ob noch genügend Luft nach oben ist, wenn sich in Zukunft weitere Haushalte in dem Gebiet ansiedeln oder weitere Erneuerbaren-Energien-Anlagen einen Netzanschluss benötigen.
Das Projekt trägt den Namen „ENERGIE" und läuft noch bis Ende August 2016. Es wird im Rahmen der Initiative „Zukunftsfähige Stromnetze" vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und ist für den "GreenTec Award" nominiert. Der Preis wird am 29. Mai 2016 in München verliehen.