Einweihung der energieeffizienten Modellfabrik (ETA-Fabrik) in Darmstadt vergangene Woche Einweihung der energieeffizienten Modellfabrik (ETA-Fabrik) in Darmstadt vergangene Woche: die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries zusammen mit Martin Beck (Projektleiter ETA-Fabrik), Prof. Jens Schneider (TU Darmstadt), Prof. Eberhard Abele (TU Darmstadt), Tarek Al-Wazir (Hessischer Wirtschaftsminister), Prof. Hans Jürgen Prömel (Präsident der TU Darmstadt) und Rolf Najork (Vorstandsvorsitzender Bosch-Rexroth AG). © Felipe Fernandes / TU Darmstadt

Produktion hoch, Verbrauch runter

Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Energiewende im Unternehmen.

Jedes Quäntchen Energie wird hier dreimal umgedreht, bevor es eingesetzt wird – und das gleich mehrfach: Wärme, die an der einen Maschine ensteht, wird im nächsten Prozessschritt "recycelt". Elektrische Speicher federn kurzzeitig hochschnellenden Strombedarf ab, und überschüssige Energie hält das Gebäude im Sommer schön kühl und im Winter angenehm warm. Gebäudehülle, technische Ausstattung, Energiespeicher und Aggregate sind clever vernetzt, die gesamte Energieversorgung funktioniert buchstäblich wie der Blutkreislauf im Organismus: Willkommen in der ersten "Forschungsfabrik für Energieeffizienz", offiziell "Energieeffiziente Fabrik für interdisziplinäre Technologie- und Anwendungsforschung" (ETA-Fabrik) genannt, auf dem Campus der Technischen Universität Darmstadt.

Die Messlatte hier liegt hoch – minus 40 Prozent weniger Primärenergieverbrauch will man für die "Fabrik der Zukunft" am Beispiel der metallverarbeitenden Industrie in Zukunft erreichen. In der Modellfabrik können die Forscher dafür – wie bei einer "Operation am offenen Herzen" – die Auswirkungen ihrer Optimierungen sofort nachvollziehen. Gefördert wird die ETA-Fabrik vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit insgesamt 7,9 Millionen Euro.

Zukunftssichere Industrieprozesse müssen energieeffizient sein

"Die Steigerung der Energieeffizienz ist der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries, bei der Einweihung in Darmstadt vergangene Woche. "Besonderes Potenzial gibt es hierfür bei der industriellen Produktion. Auf die Erforschung genau dieser Potenziale zielt das Verbundprojekt ETA-Fabrik. Denn hier wird erstmals eine industrielle Fertigung in ihrer Gesamtheit betrachtet und die energetische Optimierung des Gesamtsystems im Zusammenspiel von Produktionskette und Gebäude untersucht. Ich freue mich, dass das Projekt mit den rund 35 Industriepartnern und Forschungsinstituten hervorragend in Industrie, Forschung und Lehre eingebunden ist und damit auch helfen wird, die Ergebnisse in die Praxis umzusetzen", so Zypries.

Klar, die ETA-Fabrik in Darmstadt ist ein Forschungsprojekt (hier erfahren Sie mehr), und was dort angestrebt wird, noch Zukunftsmusik. Doch schon heute gibt es für Unternehmen genug Hebel, um Energie einzusparen. Werden die erfolgreich genutzt, ist das auch gesamtwirtschaftlich von Bedeutung – schließlich wird fast ein Drittel (2014: 29 Prozent) der Energie in Deutschland in der Industrie verbraucht, und bei Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fallen weitere 15 Prozent des Endenergieverbrauchs an.

Heute investieren, schon morgen profitieren: durch hohe Renditen

Ob Beleuchtung oder Kälte- und Wärmeversorgung: Oft sind es die in allen Branchen genutzten, allgemein anwendbaren Technologien (sogenannte "Querschnittstechnologien"), bei denen sich der Energieverbrauch von Unternehmen am schnellsten senken lässt. Hocheffiziente Beleuchtungstechnik spart gegenüber den alten Röhren zum Beispiel bis zu 70 Prozent Strom. Heizen und Kühlen sind nach der Modernisierung auch mit bis zu 30 Prozent weniger Energie möglich. Und bei der Druckluft addieren sich die Einsparmöglichkeiten in der gesamten Nutzungskette auf bis zu 50 Prozent, vor allem, wenn auch noch die bei der Kompression etstehende Abwärme effizient wiedergenutzt wird. Praxisbeispiele zeigen, wie sich selbst sechsstellige Investitionen durch die Einsparungen in wenigen Jahren refinanziert haben. In der Regel ist die Rentabilität von Energieeffizienzinvestitionen sogar höher als die derzeitige Rendite von langfristigen Anlagen auf dem Kapitalmarkt: Bei kleineren und mittleren Unternehmen beträgt sie bis zu 25 Prozent. Ein riesiges Potenzial, auch ökonomisch – Geschäftsmodelle fürs Energiesparen, zum Beispiel im Bereich des Energiespar-Contracting (siehe "direkt erklärt"), rechnen sich längst.

Der erste Schritt: Inspiration suchen bei Initiativen und Netzwerken

Unternehmen, die dieses Potenzial nutzen und sich an anspruchsvollen Standards orientieren wollen, werden zum Beispiel im großen Best-Practice-Archiv der Exzellenzinitiative "Klimaschutzunternehmen" fündig: Die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mitinitiierte Klimaschutz- und Energieeffizienzgruppe der Deutschen Wirtschaft versammelt Unternehmen vom Familienhotel bis hin zur Saatgutfirma, die mit innovativen Maßnahmen ihre Energieeffizienz steigern. Kleinere und mittlere Unternehmen finden darüber hinaus bei der Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz geeignete Ansprechpartner und Hilfe.

Weil sich gemeinsam oft mehr erreichen lässt, hat das BMWi außerdem mit 20 Verbänden und Organisationen der Wirtschaft die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke ins Leben gerufen: Hier schließen sich Praktiker zusammen, tauschen Erfahrungen und Tipps aus und setzen sich, zusammen mit einem Energieberater, ehrgeizige Einsparziele. Das lohnt sich: Auswertungen zeigen, dass Netzwerkteilnehmer signifikante Einsparerfolge erzielen und ihre Energieproduktivität doppelt so schnell steigern können wie der Durchschnitt der Industrie. Seit dem Start der Initiative im Dezember 2014 wurden bundesweit bereits 42 Energieeffizienznetzwerke ins Leben gerufen.

Energieeffizienz bringt eindeutige Vorteile – und wird gefördert

Wie überall sonst gilt auch im Unternehmen: Wer Energie spart, spart laufende Kosten und macht sich so ein Stück weit unabhängig von schwankenden Preisen für fossile Energien. Das verbessert die Wirtschaftlichkeit; und natürlich bedeutet weniger CO2-Ausstoß einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Weniger bewusst ist vielen hingegen, dass ein Plus an Energieeffizienz auch die Kundenbindung stärken und die Mitarbeiterzufriedenheit steigern kann: Wer energiebewusst handelt, wird als Vorreiter wahrgenommen und verbessert seine Position im Wettbewerb. Büros und Produktionshallen sind nach einer energetischen Sanierung außerdem das ganze Jahr über wohltemperiert und gut belüftet. Das erhöht den Komfort am Arbeitsplatz. Auch der Blick über den Tellerrand lohnt sich – die weltweiten Märkte für Energiedienstleistungen und Effizienztechnologien bieten Wachstumschancen für grüne Ideen und Produkte "made in Germany".

Und schließlich ein weiterer Vorteil, der sich buchstäblich auszahlt: Das BMWi unterstützt und fördert diese Investitionen. Los geht es bereits bei der Bestandsaufnahme. Unternehmen, die einen systematischen Überblick über ihren Energieverbrauch gewinnen und diesen in Zukunft kontinuierlich erfassen wollen, profitieren vom "Förderprogramm Energiemanagementsysteme". Auch das "Förderprogramm Energieberatung im Mittelstand" sowie das "Förderprogramm Contracting-Beratung" setzen in dieser frühen Phase an – und helfen kleinen und mittleren Unternehmen dabei, mit den richtigen Experten individuelle Lösungen für "ihre" Energiewende zu finden. Das kommt an: Allein 2015 hat das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) 2.050 Energieberatungen im Mittelstand gefördert.

Viel Unterstützung geboten – noch mehr geplant

Geht es nach der Beratung schließlich an die Umsetzung, bieten die Förderprogramme des BMWi maßgeschneiderte Unterstützung:

  • Das Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien (MAP) fördert den Einbau von effizienten Erneuerbare-Energien-Technologien – etwa die Geothermiepumpe, die im mittelständischen Hotel den Swimmingpool heizt, oder die Solarthermieanlage in der modernisierten Wäscherei.
  • Das Programm "Klimaschonende Produktionsprozesse" setzt Anreize, in energieeffiziente und umweltschonende Technologien zu investieren, wenn industrielle oder gewerbliche Produktionsprozesse umgestellt werden.
  • Das vom BMWi finanzierte KfW-Programm "Energieeffizient Bauen und Sanieren" – für Wohngebäude seit Jahren erfolgreich – richtet sich seit Juli 2015 auch an Gewerbetreibende und Unternehmen: Ob Arztpraxis oder Fabrikhalle, Maßnahmen wie die moderne Heizungsanlage oder der effiziente Neubau werden mit einem zinsgünstigen Kredit und hohen Tilgungszuschüssen gefördert.

Weitere konkrete Fördermaßnahmen werden zurzeit vorbereitet: So soll noch im ersten Halbjahr 2016 das "STEP up!"-Ausschreibungsprogramm für mehr Stromeffizienz starten. In dem Wettbewerb um Fördergelder gewinnen die sprichwörtlich "effizientesten" Unternehmen, Stadtwerke oder Energiedienstleister, die mit der niedrigsten Summe in Euro die höchsten Einsparungen in Kilowattstunden erreichen. Im zweiten Quartal 2016 soll zudem das "Förderprogramm hocheffiziente Querschnittstechnologien" wiederaufgelegt und durch ein Abwärmeprogramm ergänzt werden – denn in industriellen Prozessen verpufft diese Abwärme noch zu oft ungenutzt, was zu Energieverlusten führt.

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