Smart Meter: Bringen sie auch im Privathaushalt mehr Nutzen als Kosten?

Zu dieser Frage äußern sich Felix Dembski, Bereichsleiter für Intelligente Netze und Energie beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM), und Ingmar Streese, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

PRO: Felix Dembski

Felix Dembski, Bereichsleiter für Intelligente Netze und Energie beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) © BITKOM

Strom zu Börsenpreisen und nie wieder den Heizungsableser ins Schlafzimmer lassen – das können Smart Meter technisch leisten. Eine digitale Interaktion der Privathaushalte mit dem Energiesystem wird irgendwann Alltag sein, weil der Verbraucher damit Geld spart. Auf dem Weg dahin ist das richtige Zusammenspiel zwischen staatlichen und marktlichen Akteuren entscheidend. Mit dem begrenzten Rollout können die notwendigen Infrastrukturen aufgebaut, die Geräte erschwinglich gemacht und die richtigen Preissignale gesendet werden.

In der Energiewende müssen sich volatile Erzeugung und schwankender Verbrauch irgendwann aufeinander zubewegen – sonst wird es für alle teuer. Anreize dafür gibt es. Durch die Erneuerbaren liegt der Börsenpreis für Strom sonntags inzwischen bei 1,9 Cent pro kWh. Mittags kippt er sogar immer wieder ins Negative, das heißt, man würde eigentlich für seinen Stromverbrauch bezahlt. Der Endverbraucher zahlt für Strom allerdings durchschnittlich 29,9 Cent pro kWh. Jeden Tag. Warum eigentlich?

Um diese Preissignale an den Verbraucher weiterzugeben, fehlt die Infrastruktur. Wir sollten sie bauen, denn nur darauf können innovative, verbraucherfreundliche Anwendungen aufsetzen. So hat Digitalisierung schon immer funktioniert. Eine Kreditkarte ist inzwischen mehr als ein digitales Sparbuch. Smartphones sind mehr als mobile Telefone. Das geht auch im Energiebereich – sofern alle an einem Strang ziehen. Zu viele Akteure zerbrechen sich heute den Kopf darüber, warum eine Interaktion mit dem Energiesystem vielleicht doch sinnlos sein könnte. Zu teuer, zu komplex, keine Nachfrage – das hat man vor 15 Jahren auch über die Erneuerbaren gesagt.

Wie es geht, zeigt der internationale Vergleich: 40 Prozent der Schweden beziehen inzwischen einen an den Börsenpreis gekoppelten Tarif – vorbei die jährliche Klage, gesunkene Großhandelspreise würden nicht an die Verbraucher weitergegeben. British Gas bietet jeden Samstag Strom umsonst. DTE in Michigan/USA spart durch die Interaktion mit den Kunden 10 Prozent Strom im gesamten Bundesstaat. Produkte, die dem Privathaushalt nutzen, kann man mit Smart Metern ohne Zweifel entwickeln. Man muss es nur wollen.

Felix Dembski ist Bereichsleiter für Intelligente Netze und Energie beim Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM).

CONTRA: Ingmar Streese

Ingmar Streese, Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) © VZBV

Smart Meter sind auf den ersten Blick nützliche Helfer. Sie informieren über den eigenen Stromverbrauch und können helfen, ihn in Zeiten zu verlegen, in denen der Strom günstiger ist. Das klingt gut. So gut, dass die EU forderte, 80 Prozent der europäischen Haushalte bis 2022 mit einem intelligenten Stromzähler auszustatten – sofern es wirtschaftlich ist. Doch vieles deutet darauf hin, dass für die meisten Stromkunden Kosten und Nutzen aus der Balance geraten. Eine Pflicht zum Smart-Meter-Einbau zu Lasten der Verbraucher darf es deshalb nicht geben.

Mehrkosten für Verbraucher …

Nach den aktuellen Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums soll der Einbau intelligenter Messsysteme für alle Haushalte mit einem Stromverbrauch von mehr als 6.000 kWh/Jahr verpflichtend werden. Kleinere Haushalte sollen nach und nach einen intelligenten Zähler ohne Kommunikationsanbindung bekommen. Die Kosten der Geräte liegen zwischen 20 und 100 Euro pro Jahr. Zusätzlich soll ein Teil der Kosten auf die Netzentgelte umgelegt werden. Das führt dazu, dass es für viele Haushalte erst einmal teurer wird, da sie im Gegensatz zu vielen Großverbrauchern keine Vergünstigungen erhalten.

… durch Nutzen kompensiert?

Dass alle betroffenen Haushalte die Mehrkosten der Geräte kompensieren können, ist eher unwahrscheinlich. Das Lastverlagerungspotenzial bei Privathaushalten ist gering und solange es keine variablen Tarife gibt, lassen sich dadurch auch keine Stromkosten einsparen. Bei intelligenten Zählern ist aufgrund des fehlenden Displays kein Mehrwert für die Verbraucher erkennbar.

Hinzu kommt, dass die typischen Geräte eines Privathaushalts aufgrund des geringen Verbrauchs für die Netzstabilität nahezu unerheblich sind. Auch werden viele Geräte in Zukunft selbstständig in der Lage sein, Informationen über ihren Betriebszustand zu senden. Bezüglich der Forderung nach mehr Transparenz auf der Niederspannungsebene stellen bereits regelbare Ortsnetztransformatoren (rONT) eine günstigere und verbraucherfreundlichere Alternative dar.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum das BMWi bei der Einführung der Smart Meter auf Zwang setzt, zumal dies auch mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie Datenschutz und Datensicherheit kritisch zu sehen ist. Sollten sich mit Hilfe der Geräte wirklich die Stromkosten senken lassen, wäre das doch genügend Anreiz für einen freiwilligen Einbau.

Ingmar Streese ist Leiter des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Hintergrund

Hier finden Sie die Vorschläge des BMWi für den künftigen Einsatz von Smart Metern (Eckpunktepapier): Ab 2021 sollen Haushalte mit einem Jahresverbrauch über 6.000 kWh mit intelligenten Messsystemen ausgestattet werden; zur Finanzierung soll keine neue Umlage geschaffen werden, das Datenschutzkonzept entspricht höchsten Standards. Mehr erfahren

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