Schritte zu mehr Energiesicherheit in Europa
Es ist schon heute möglich, Gas aus der EU in die Ukraine zu liefern, allerdings in relativ geringen Mengen. Im vergangenen Jahr hat die Ukraine etwa 2 Milliarden Kubikmeter Gas aus EU-Mitgliedstaaten eingeführt. Zum Vergleich: Der Gasverbrauch des Landes lag 2010 Schätzungen zufolge bei mehr als 56 Milliarden Kubikmetern.
Die jetzt unterzeichnete Absichtserklärung sieht vor, dass die bereits vorhandene und ungenutzte Pipeline bei Veľké Kapušany in der Slowakei in kurzer Zeit modernisiert wird. Es besteht die Hoffnung, dass schon ab Herbst 2014 jährlich bis zu 8 Milliarden Kubikmeter über die Pipeline übertragen werden könnten.
Vorteile für EU und Ukraine
Unterzeichnet wurde die Absichtserklärung von den beiden Unternehmen Eustream aus der Slowakei und Ukrtransgaz aus der Ukraine. Die EU-Kommission hatte die Verhandlungen unterstützt. EU-Kommissionspräsident Barroso war bei der Unterzeichnung vor Ort in Bratislava und begrüßte die Vereinbarung: "Ich gratuliere allen Verhandlungspartnern herzlich zum heutigen Durchbruch. Dies ist ein wichtiger erster Schritt, um die Gasversorgung der Ukraine zu diversifizieren und zu mehr Energiesicherheit in Osteuropa und der EU als Ganzes beizutragen".
Die erfolgreiche Realisierung der Gaslieferungen von der EU in die Ukraine bringt beiden Seiten Vorteile. Sie eröffnet der Ukraine den Zugang zu mehreren Lieferquellen, so zum Beispiel zum Gas aus Norwegen oder zum Flüssiggas vom Weltmarkt, die zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Gleichzeitig soll die Ukraine als Mitglied der Energiegemeinschaft dafür sorgen, dass die Rechtsvorschriften für den EU-Energiebinnenmarkt umgesetzt werden. Die Angleichung des ukrainischen Rechts- und Regulierungsrahmens ist eine Vorbedingung, um bei den Investoren mehr Vertrauen zu schaffen sowie Mittel für die Modernisierung und effizientere Nutzung der riesigen Gasinfrastruktur der Ukraine bereit zu stellen.
EU-Kommission prüft Pipelineverträge mit Russland
Gleichzeitig überprüft die EU-Kommission derzeit Verträge einiger europäischer Staaten zur geplanten neuen Pipeline Southstream mit Russland. Southstream ist eine geplante Gaspipeline, die auf dem Grund des Schwarzen Meeres verlaufen und die russische Hafenstadt Noworossijsk mit der bulgarischen Stadt Varna verbinden soll. Im weiteren Verlauf soll sie über Serbien, Ungarn und Slowenien bis nach Italien führen. Zuletzt hatte auch der österreichische Energieversorger OMV mit dem russischen Unternehmen Gazprom eine Vereinbarung geschlossen, wonach ein Abzweig der Leitung nach Österreich führen soll.
Die EU-Kommission hatte bereits im Dezember 2013 bilaterale Abkommen zwischen Österreich, Bulgarien, Ungarn, Griechenland, Slowenien, Kroatien und Russland über den Bau der Pipeline als EU-rechtswidrig bewertet und von den Staaten gefordert, dass mit Russland neu verhandelt werde. Die Vereinbarungen müssen EU-Recht genügen, da sie durch EU-Staaten geschlossen werden. Bemängelt wurde insbesondere die fehlende Entflechtung des Netzbetriebs von der Gasversorgung. Diese ist seit dem sogenannten Dritten Energie-Binnenmarktpaket der EU von 2009 vorgeschrieben. Demnach muss die Pipeline auch für Mitbewerber offen sein.
Russland beantragt Konsultationen mit EU zu Energiemarktregeln
Russland hat dazu Bedenken. Um diese zu klären, bereitet das Land derzeit eine mögliche Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) vor. Als Vorstufe zu einer solchen Klage hat das Land zunächst Konsultationen mit der EU beantragt. Beide Seiten haben jetzt 30 Tage Zeit, um Verhandlungen aufzunehmen. Aus Sicht der Bundesregierung stehen die Regelungen des Dritten Binnenmarktpakets im Einklang mit WTO-Recht. Sie diskriminieren nicht bestimmte Länder oder Unternehmen aus bestimmten Ländern. Russland ist seit knapp zwei Jahren Mitglied der Welthandelsorganisation.