Nachhaltige Hilfe für die ukrainische Energieversorgung
Mehr als 13.000 Patienten werden in der onkologischen Abteilung des Zentralkrankenhauses der ukrainischen Stadt Sheptytskyi jedes Jahr behandelt. Die Fachklinik ist die einzige für rund 500.000 Menschen im gesamten nördlichen Teil der Region Lemberg und in der Nachbarregion Wolhynien. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine müssen medizinisches Personal und Patienten oft zittern, ob die Stromversorgung stabil bleibt. Mehr als 1.000 Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur hat es seit Kriegsbeginn bereits gegeben. Das Land verlor dabei etwa 50 Prozent seiner Kapazitäten zur Stromgewinnung. Die Folgen sind massive Stromausfälle, eine reduzierte Energiesicherheit und ein hohes Aufkommen an Reparaturarbeiten.
Dank des R2U-Pilotvorhabens (Renewables for Resilient Ukraine) konnte auf dem Dach des Krankenhauses ein Hybrid-Solarkraftwerk installiert werden. Die installierte Batterie speichert den von den Solarzellen erzeugten Strom und liefert ihn bei Bedarf. R2U wird durch die Internationale Klimaschutzinitiative des BMWK finanziert und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Zusammenarbeit mit ukrainischen Nichtregierungsorganisationen durchgeführt.
Wiederaufbau kritischer Energieinfrastrukturen mit umweltfreundlichen Technologien
Vor dieser Installation war die onkologische Abteilung des Krankenhauses ausschließlich auf das Stromnetz und ein Notstromaggregat angewiesen. Die nahtlose und sofortige Stromversorgung dank der hybriden PV-Anlage schützt nun die teuren medizinischen Geräte der Klinik vor Schäden, die durch das Umschalten bei Stromausfällen entstehen könnten, und gewährleistet einen ununterbrochenen Betrieb.
Die Versorgung des Krankenhauses mit erneuerbarem Strom ist nur ein Beispiel für eine gezielte Unterstützung beim Wiederaufbau kritischer Energieinfrastrukturen in der Ukraine mit umweltfreundlichen Technologien. Im Rahmen der Deutsch-Ukrainischen Energiepartnerschaft wird beispielsweise auch die Modernisierung des ukrainischen Stromübertragungsnetzes unterstützt. Das hilft dabei, die Anbindung an das europäische Stromnetz zu stabilisieren und ebnet den Weg für die weitere Integration Erneuerbarer Energien.
Erneuerbare-Energien-Projekte für mehr Resilienz der lokalen Wirtschaft
Die deutsche Unterstützung wirkt somit auf mehreren Ebenen. Zum einen wird die Energieversorgung kritischer kommunaler Infrastruktur gesichert und damit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziert. Zusätzlich ebnet die deutsche Unterstützung den Weg für eine nachhaltige Transformation des ukrainischen Energiesektors und demonstriert vor Ort die Vorteile Erneuerbarer Energien.
Erste Erfahrungswerte aus den Projekten zeigen eine deutlich gestiegene Wahrnehmung sowohl in der Bevölkerung als auch bei lokalen Behördenvertretern. So berichtete der Bürgermeister der Stadt Dubno bei Riwne einem Vertreter der Deutschen Botschaft anlässlich der Einweihung einer hybriden PV-Anlage auf dem Dach des kommunalen Krankenhauses, er habe nie an grüne Technologien geglaubt. Jetzt wo er den Treibstoff für den Generator der Intensivstation spare, denke er jedoch völlig anders. Zudem würden mehrere Kleinbetriebe in der Stadt nun ebenfalls auf PV setzen, um unabhängiger von rollierenden Stromabschaltungen und Generatoren zu werden. Er denke schon über weitere Projekte nach und sei in Kontakt mit Investoren.
EE-Projekte können somit auch wesentlich zur Resilienz der lokalen Wirtschaft beitragen. Das ist insbesondere in strukturschwachen Regionen wichtig. Wolhynien und das nördliche Lemberg etwa sind beides durch den Kohleabbau geprägte Gebiete.
Bereitschaft zur Unterstützung ist international nach wie vor groß
Die Bereitschaft, den Wiederaufbau der ukrainischen Energieinfrastruktur humanitär, technisch und finanziell zu unterstützen, ist international nach wie vor ungebrochen. Deutschland gilt - gemeinsam mit den USA - als größter Unterstützer. Insgesamt beteiligte sich Deutschland bis Ende 2024 mit rund 375 Millionen Euro am Energieunterstützungsfonds (Ukraine Energy Support Fund) der Energiegemeinschaft, in den seit 2022 auch zahlreiche weitere internationale Geber einzahlen und für den inzwischen insgesamt 895 Millionen Euro bereitgestellt oder zugesagt wurden (Stand: 29. November 2024).
Das R2U-Pilotvorhaben hat durch den Aufbau von Erneuerbare-Energien-Demonstrationsanlagen für kritische Infrastrukturen in ausgewählten Gemeinden große Fortschritte bei der Verbesserung der lokalen Energiesicherheit und der Förderung der Energiewende in von Konflikten, Vertreibung und Kohleabhängigkeit betroffenen Gebieten erzielt. Im Fokus stehen dabei wie in Sheptytskyi vor allem Energieresilienzprojekte für kritische kommunale Infrastrukturen wie Schulen, Krankenhäuser und die Wasserversorgung.
Projekte sind wichtige Basis für die Deutsch-Ukrainische Energiepartnerschaft
16 dezentrale erneuerbare Energiesysteme (EE) wurden bisher installiert oder in Betrieb genommen, fünf weitere Projekte wurden durch Kosteneinsparungen ermöglicht. Bis Ende Dezember 2024 gingen 20 Anlagen (19 Solaranlagen, 1 Wärmepumpe) in Betrieb – alle für öffentliche Infrastrukturen. In einem nächsten Schritt hat die Internationale Klimaschutzinitiative der Europäischen Investitionsbank 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um diesen Ansatz auszubauen und weitere solcher Projekte zu finanzieren.
Erfahrungswerte aus solchen Projekten sind eine wichtige Basis für die bereits 2020 gegründete Deutsch-Ukrainische Energiepartnerschaft. Sie stellt die Modernisierung und Dezentralisierung des ukrainischen Energiesektors auf Basis von Erneuerbaren Energien, Speichern und intelligenten Netzen in den Fokus des politischen Dialogs. Unter dem Dach der Energiepartnerschaft werden verschiedene Unterstützungsleistungen der Bundesregierung zusammengefasst.
Spendenkampagne für den ukrainischen Energiesektor
So gibt es zum Beispiel auch eine Spendenkampagne für den ukrainischen Energiesektor, die von der GIZ betreut wird. Die Kampagne unterstützt beim Wiederaufbau der Energieinfrastruktur in der Ukraine, indem Ersatzteile an ukrainische Energieversorger gespendet werden, darunter viele sehr spezifische, auf dem Markt aktuell nicht verfügbare Energiegüter.
Schätzungen zufolge konnten so mehr als 1,1 Millionen Menschen in der Ukraine wieder mit Strom versorgt werden (Stand: November 2024). Rund 90 Unternehmen haben sich bislang an der Spendenkampagne beteiligt. Der Bedarf an Sachspenden bleibt weiterhin hoch, weshalb auch in Zukunft Spenden neuer und gebrauchter Energiegüter von deutschen Unternehmen sehr willkommen und notwendig sind.