Was ist eigentlich die Plattform Klimaneutrales Stromsystem?
Darum geht‘s: Schon 2035 soll unser Stromsystem weitgehend klimaneutral sein. Dafür müssen sich auch die Mechanismen und der Ordnungsrahmen der Strommärkte verändern und weiterentwickeln.
Bis 2030 soll der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung mindestens 80 Prozent betragen, 2035 könnte unser Stromsystem bereits weitgehend klimaneutral arbeiten. In der Praxis muss dafür ein System, das einst auf Kernkraftwerken und fossil befeuerten Kraftwerken basierte, vollständig auf Erneuerbare Energien umgestellt werden. Und als ob das nicht schon Herausforderung genug wäre, wird der Stromverbrauch in Deutschland durch den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen und Elektroautos zukünftig deutlich steigen. Ein neues, flexibles und interagierendes Stromsystem ist nötig, um den Stromsektor, und neben ihm auch alle anderen Sektoren, zu dekarbonisieren – mit Hilfe von grünem Strom.
Schwierige Fragen: Antworten mit Weitblick gesucht
Doch wie genau sieht der Strommarkt für ein klimaneutrales Stromsystem aus? Wie kann die Finanzierung der Erneuerbaren dauerhaft sichergestellt werden, um die Ausbauziele zu erreichen? Welche Rolle spielen Flexibilitätsoptionen im zukünftigen Stromsystem? Wie muss der regulatorische Rahmen gestaltet sein, damit sie optimal eingesetzt werden? Wie kann ein Markt langfristig Anreize für Investitionen in steuerbare Leistung setzen, um die Versorgungssicherheit weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten – und zwar auch in Zeiten, in denen nicht ausreichend Wind weht und die Sonne nicht scheint?
Auf diese und weitere Kernfragen zum Strommarktdesign der Zukunft soll die „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ Antworten erarbeiten und Handlungsoptionen entwickeln. Dafür bringt sie Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammen. Das Herz der Plattform ist ein gemeinsames Plenum. Für die Diskussion der vier richtungsweisenden Handlungsfelder (Erneuerbare Energien, Flexibilität, steuerbare Kapazitäten und lokale Signale) ist jeweils eine thematische Arbeitsgruppe (AG) zuständig, mit Vertretern der Stakeholder auf Fachebene.
Vier Arbeitsgruppen für ein klimaneutrales Stromsystem
Die AG „Finanzierung EE“ beschäftigt sich mit der Frage, wie die notwendigen Anreize für den ausreichenden Zubau und den systemdienlichen Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen in einem klimaneutralen Stromsystem weiter sichergestellt werden können. Die AG „Flexibilitätsoptionen“ beleuchtet dagegen, welcher Rahmen notwendig ist, damit sich die Stromnachfrage auch zunehmend am Stromangebot orientiert und welche Hemmnisse dafür abgebaut werden müssen. Die AG „Finanzierung von steuerbaren Kapazitäten“ untersucht, wie Investitionsanreize für sogenannte steuerbare Kapazitäten (zum Beispiel für solche Gaskraftwerke, die auch mit Wasserstoff arbeiten können) sichergestellt werden können. Damit soll eine bedarfsgerechte Versorgung von Stromverbraucherinnen und -verbrauchern auch in Zeiten, in denen Erneuerbare Energien nicht unmittelbar die gesamte Nachfrage decken, gewährleistet werden.
In der AG „Lokale Signale“ geht es um regionale und örtliche Preissignale. Im neuen Stromsystem müssen Erneuerbare Energien über weite Strecken transportiert und ins Übertragungs- und Verteilnetz integriert werden. Der Netzausbau hat dafür oberste Priorität. Gleichzeitig muss darüber diskutiert werden, ob und wie es in einem weitgehend auf Erneuerbaren Energien basierenden Stromsystem auch lokale Preissignale geben muss, die eine bessere regionale Steuerung der Lasten und der Erzeugung unterstützen und das Netz besser im Markt abbilden.
Die Ergebnisse der Plattform werden eine wichtige Grundlage für politische Weichenstellungen in Deutschland und Europa sein. Ein erster Bericht zum Stand der Diskussionen und zu bereits erzielten Ergebnissen könnte bereits im Spätsommer 2023 vorliegen, ein weiterer soll im Winter 2023/24 folgen.