Was ist eigentlich der Energiecharta-Vertrag?
Darum geht’s: Der Energiecharta-Vertrag behindert den Klimaschutz und die Energiewende.
Das für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1998 in Kraft getretene völkerrechtliche Abkommen soll Investitionen im Energiesektor schützen. Dafür enthält es unter anderem Bestimmungen zum Investitionsschutz sowie zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Für letzteres erlaubt es Investoren beispielsweise auch Klagen vor Schiedsgerichten.
Kein anderes Investitionsschutzabkommen soll Schiedsgerichte mehr beschäftigt haben als der Energiecharta-Vertrag, heißt es aus Politikkreisen. Geklagt wurde unter Berufung auf den Energiecharta-Vertrag etwa gegen Deutschlands beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie, gegen den niederländischen Kohleausstieg, gegen Steuern auf fossile Brennstoffe und Verbote von Ölbohrungen oder wegen des Hamburger Kohlekraftwerkes Moorburg.
Sechs weitere Länder kündigen Rücktritt vom Energiecharta-Vertrag an
Keine guten Vorzeichen für das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens oder für eine beschleunigte Energiewende. Italien ist bereits 2016 vom Energiecharta-Vertrag zurückgetreten. Neben der Bundesrepublik Deutschland haben auch Frankreich, die Niederlande, Spanien, Polen, Slowenien und Luxemburg den Rücktritt vom Vertrag angekündigt. Zusätzlich setzt sich die Bundesregierung für einen Rücktritt auch der EU vom Energiecharta-Vertrag ein. Den forderte kürzlich auch das Europäische Parlament.
Die EU hat über eine Reform zur Modernisierung des Energiecharta-Vertrages von Juli 2020 bis Juni 2022 mit den anderen Vertragsparteien verhandelt. Das Ergebnis der Modernisierungsverhandlungen bleibt jedoch hinter den Zielen der Bundesregierung zurück. Es wird insbesondere den Zielen des Pariser Klimaabkommens nicht gerecht. So war bei den Verhandlungen außer der EU und dem Vereinigten Königreich keine andere Vertragspartei bereit, den Schutz für Investitionen für fossile Energien im eigenen Gebiet zu beenden.
Nachhaltigkeit künftig nicht mehr nur „nice to have“
Nachhaltigkeit sei künftig nicht mehr nur „nice to have“, sondern wesentlicher Bestandteil von Handelsabkommen, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in einer Presseerklärung zum Rücktritt vom Energiecharta-Vertrag. Parallel dazu hatte das Bundeskabinett Ende November 2022 unter anderem auch ein Eckpunktepapier auf den Weg gebracht, das Deutschlands Handelspolitik breiter aufstellen und Abhängigkeiten von einzelnen Ländern unter anderem im Energiesektor verringern soll. "Vor allem mit Ländern, mit denen wir grundlegende Werte der liberalen Demokratie teilen, wollen wir Kooperation und Handel intensivieren“, so Habeck weiter.
Formal wird der Rücktritt vom Energiecharta-Vertrag noch vor Jahresende 2022 der Portugiesischen Republik als Verwahrerin des Energiecharta-Vertrages mitgeteilt und kann vor Jahresende 2023 wirksam werden.