Eckpunkte für Nationale Biomassestrategie vorgelegt
Es ist ein uralter, aber genialer Schachzug der Natur, der erneuerbare Energie nutz- und speicherbar macht. Man nehme Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht, um es in chlorophyllhaltigen Pflanzen in Zucker und Sauerstoff zu verwandeln. Zentrale Bausteine für das Leben auf diesem Planeten sind damit die allermeisten Stoffe organischer Herkunft – kurz Biomasse. Wir erzeugen sie zum Beispiel als Ackerpflanzen auf landwirtschaftlichen Flächen. Wir nutzen sie als Nahrung oder verwandeln sie in nützliche Dinge für den alltäglichen Gebrauch. Wir heizen mit Holz unsere Wohnungen, fahren mit Biokraftstoffen Auto. In Zeiten des Klimawandels und der fieberhaften Suche nach Alternativen zu fossilen Energie- und Rohstoffen in Form von Kohle, Öl und Gas ist die Biomasse zunehmend in den Fokus gerückt. Aber kann sie die Erwartungen erfüllen und einen wirksamen Beitrag zur klimaneutralen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft leisten? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und wie lässt sich das umsetzen? Das sind drei der zentralen Fragen, auf die die Nationale Biomassestrategie eine Antwort geben soll. Die Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz, Ernährung und Landwirtschaft sowie Umwelt und Verbraucherschutz sollen sie gemeinsam erarbeiten und haben jetzt ein erstes Eckpunktepapier vorgelegt. Ein breiter Beteiligungsprozess soll folgen.
CO2-Vorrat aufbauen
Ein Problem: Die Nutzung von Biomasse setzt unter anderem auch klimaschädliches CO2 frei. Im Vergleich zu fossilen Energien wurde das freigesetzte CO2 aus Biomasse zwar dem Treibhaus Erde erst in jüngerer Vergangenheit entzogen, aber ein Nullsummenspiel führt am Ende nicht zum Ziel, die globale Temperatur auf 1,5 Grad oder darunter zu senken. Dafür müssen die Emissionen netto sinken. So braucht beispielsweise ein Baum viele Jahrzehnte, um heranzuwachsen und große Mengen CO2 zu speichern. Einmal freigesetzt wird diese Menge CO2 erst nach vielen Jahren und Jahrzehnten durch das Wachstum eines neuen Baumes wieder gebunden.
Ziel muss es also sein, Erzeugung und Nutzung von Biomasse so auszurichten, dass das darin gespeicherte CO2 möglichst lange gehalten wird. Dafür braucht es einen CO2-Vorratsaufbau. Wälder, Moore, Böden und Meere sind die wirksamsten Speicher (oder „Senken“) für klimaschädliche Emissionen. Im Bundesklimaschutzgesetz wurde das bereits berücksichtigt. Es sieht konkrete Ziele für die Sektoren Landwirtschaft, Landnutzung und Forstwirtschaft vor. Die Nationale Biomassestrategie soll hier einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Ziele leisten.
Biomassepotenziale sind begrenzt
Dies muss zugleich in Einklang gebracht werden mit den Anforderungen einer stabilen und bezahlbaren Nahrungsmittel-, Rohstoff- und Energieversorgung sowie mit dem Schutz der biologischen Vielfalt und der Umwelt. Und diese Anforderungen wachsen mit Blick auf den Ersatz der fossilen Energien und Rohstoffe, um die Dekarbonisierung in den Bereichen voranzutreiben, die heute noch weitgehend fossile Energieträger nutzen – etwa in der Industrie.
Es wird also eng. Die Potenziale verfügbarer Biomasse sind begrenzt, denn ihre Erzeugung beansprucht große Flächen, die dann nicht für andere Zwecke zur Verfügung stehen, zum Beispiel für die Nahrungsmittelerzeugung oder den Erhalt natürlicher Ökosysteme. Es bedarf daher eines breiten Dialoges zur nachhaltigen Erzeugung und Nutzung von Biomasse.
Ende 2023 soll die Nationale Biomassestrategie vorliegen und neben einem strategischen Teil mit Potenzialanalyse auch konkrete Maßnahmenvorschläge und -empfehlungen enthalten - damit die künftige Erzeugung und Nutzung von Biomasse wirksam zur Klimarettung beitragen kann.