Das steckt im Osterpaket
Mehr als 500 Seiten Antworten auf drängende aktuelle Fragen hatte Bundesminister Robert Habeck Anfang April bei seinem zweiten Besuch der Bundespressekonferenz im Gepäck. Nach der Amtsübernahme hatte er hier zunächst die Eröffnungsbilanz zum Klimaschutz vorgestellt. Jetzt präsentierte er mit Blick auf die sich zuspitzende Klimakrise und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein umfassendes Energiesofortmaßnahmenpaket („Osterpaket“).
Beide Krisen zeigen, wie wichtig es ist, schnellstmöglich und dauerhaft aus den fossilen Energien auszusteigen und den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben, sagte der Minister. Die erneuerbaren Energien sind spätestens jetzt zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden. Mit der größten energiepolitischen Novelle seit Jahrzehnten soll ihr Ausbau nun umfassend beschleunigt werden - zu Wasser, zu Land und auf dem Dach.
Umfangreiches Sofortmaßnahmenpaket für mehr Erneuerbare
Herzstück des Pakets ist der Grundsatz, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Bereits 2035 soll die Stromversorgung in Deutschland nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien beruhen. Dafür werden unter anderem viele neue Flächen für den Photovoltaik-Ausbau bereitgestellt, Kommunen mehr als bisher an Wind an Land und Photovoltaik beteiligt und windschwache Standorte verstärkt erschlossen. Auch die Rahmenbedingungen für den Ausbau von Photovoltaik-Dachanlagen werden verbessert.
Der Ausbau der Windenergie auf See wird zukünftig auf zwei gleichberechtigte Säulen gestellt. Neben der Ausschreibung von bereits voruntersuchten Flächen werden zukünftig auch bisher nicht voruntersuchte Flächen ausgeschrieben. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze nimmt weiter Fahrt auf, indem Hemmnisse abgebaut und Planungs- und Genehmigungsverfahren schlanker werden. Dazu gehört auch die Aktualisierung des Bundesbedarfsplans für den Ausbau der Übertragungsnetze und die Aufnahme neuer Projekte. Nur so können die Netze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien Schritt halten.
Mit der Absenkung der EEG-Umlage auf null zum 1. Juli 2022 werden die Stromverbraucher entlastet und die Bestimmungen des Energierechts weniger bürokratisch. Die Endkundenrechte im Strom- und Gasbereich werden gestärkt und die Bundesnetzagentur erhält mehr Aufsichtsmöglichkeiten über Energielieferanten. So sind die Strom- und Gasverbraucher besser geschützt.
Um das alles auf den Weg zu bringen, mussten gleich mehrere Gesetze und Verordnungen im Energierecht angepasst werden, darunter das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG).
Die wichtigsten Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG):
Das Erneuerbaren-Ausbauziel für 2030 wird angehoben - auf mindestens 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs. Mit dem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung will Deutschland seine Abhängigkeit von Importen fossiler Energierohstoffe schnell verringern, insbesondere von Erdgas. Die Ausschreibungsmengen für Wind und Photovoltaik werden an das neue Ausbauziel für 2030 angepasst.
Damit der Strom in Deutschland 2035 nahezu vollständig aus Erneuerbaren stammen kann, enthält die EEG-Novelle unter anderem ein großes Paket an Einzelmaßnahmen für den Photovoltaik-Ausbau und den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land sowie die neue Ausrichtung der Biomassenutzung auf hochflexible Spitzenlastkraftwerke. Das Prinzip der „Bürgerenergie“ soll gestärkt und die finanzielle Beteiligung von Kommunen weiterentwickelt werden.
Durch die Finanzierung des EEG über Bundesmittel werden Verbraucherinnen und Verbraucher außerdem weiter entlastet. Auch die Regelungen zur Erhebung der Energie-Umlagen werden verbessert. Die sogenannte „Besondere Ausgleichsregelung“ wird überabeitet und bekommt - dann deutlich schlanker - ein neues Zuhause im Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG). So soll gerade für die Industrie eine verlässliche und planbare Rechtsgrundlage geschaffen werden.
Die wichtigsten Änderungen beim Windenergie-auf See-Gesetz (WindSeeG):
Auch die Windkraft auf See bekommt noch einmal ordentlich Wind unter die Flügel. Dafür werden die Ausbauziele und Ausschreibungsmengen deutlich erhöht. Der Ausbau von Offshore-Windparks und der dazugehörigen Netzanbindungen soll schneller gehen. Sogenannte zentral voruntersuchte Flächen werden künftig über Differenzverträge (Contracts-for-Difference, CfD) ausgeschrieben, die unter anderem die Finanzierungskosten der Windparks senken.
Insgesamt sollen die Belange der Windenergie auf See mit der Novelle gestärkt werden. Sie stehen künftig explizit „im überragenden öffentlichen Interesse“. Dazu entfällt beispielsweise das Verbot zum Bau von Windenergieanlagen in Schutzgebieten zugunsten einer Einzelfallprüfung. Sie klärt, ob durch den Bau der Schutzzweck des Schutzgebiets beeinträchtigt wird. Das Repowering von bestehenden Offshore-Windparks ist in der Novelle ebenso geregelt, wie auch Vorgaben zur Planung und Genehmigung von Wasserstoffpipelines.
Die wichtigsten Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes, Bundesbedarfsplangesetzes und des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz:
Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sollen Endkunden zukünftig besser vor Turbulenzen auf dem Energiemarkt schützen. So muss die planmäßige Beendigung der Energiebelieferung von Haushaltskunden der Bundesnetzagentur nun mindestens drei Monate im Voraus angezeigt werden. Auch die Kunden sollen entsprechend informiert werden. Die Grund- und Ersatzversorgung im Strom- und Gasbereich wird neu strukturiert.
Mit der Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) werden unter anderem 19 wichtige neue Netzausbauvorhaben in den Bundesbedarfsplan zum Ausbau der Übertragungsnetze aufgenommen.
Der Netzausbau wird zukünftig außerdem stärker auf Treibhausgasneutralität und Beschleunigung ausgerichtet sein. Dafür wird auch das Ziel der Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 im Energiewirtschaftsgesetz und in den Verfahren zur Netzplanung stärker verankert.
Ein Überblickspapier zum Osterpaket und alle dazugehörigen Gesetzesentwürfe finden Sie hier. Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens sollen sie in Kraft treten.