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Illustration Gasspeicher unter einer Lupe © BMWi

Was ist eigentlich der Notfallplan Gas?

Ende März hat Bundesminister Habeck die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die Gasversorgung in Deutschland wird dadurch jetzt vorsorglich engmaschig überwacht. Welche Maßnahmen der Notfallplan noch enthält und was sie für Gaskunden bedeuten.

Darum geht’s: Ein Notfallplan mit drei Stufen regelt das Vorgehen, wenn die Gasversorgung in Deutschland bedroht ist.

„Die Versorgungsicherheit mit Gas in Deutschland ist auch weiterhin gewährleistet“, betont Bundesminister Robert Habeck mit Blick auf die Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallsplans Gas. Dennoch werden die Vorsichtsmaßnahmen erhöht:

Drei Stufen für die Versorgungssicherheit

Mit der Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallplans trifft sich ein Krisenteam im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nun regelmäßig und beobachtet die Gasversorgung in Deutschland engmaschig. Das Team besteht aus Vertretern von Behörden und Energieversorgern - darunter des BMWK, der Bundesnetzagentur, des Marktgebietsverantwortlichen Gas, der Fernleitungsnetzbetreiber und der Bundesländer. Es ist das erste Mal, dass der Notfallplan Gas in Deutschland aktiviert wird. Auch Italien, Lettland, Österreich und Kroatien riefen in den letzten Wochen aus unterschiedlichen Gründen vorsorglich die Frühwarnstufe aus.

Grund für die Ausrufung der Frühwarnstufe in Deutschland war die Ende März veröffentlichte Ankündigung Russlands, die Bezahlung der Gasimporte künftig nur noch in Rubel zu akzeptieren. Das käme einem Bruch der bestehenden Lieferverträge gleich. Die G7-Staaten hatten daraufhin in einer gemeinsamen Erklärung am 28. März die Bezahlung in Rubel abgelehnt. Ziel der russischen Regierung war es, mit dem Schritt den Rubelkurs zu stützen und damit indirekt die wegen des Angriffskrieges in der Ukraine verhängten Sanktionen gegen die russische Zentralbank abzumildern.

Um auf mögliche Liefereinschränkungen oder -ausfälle vorbereitet zu sein, hatte das BMWK nach Artikel 11 der EU-Verordnung über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung die Frühwarnstufe ausgerufen. Denn rund 40 Prozent des in der EU verbrauchten Erdgases kommen aus Russland. In Deutschland waren es bis zum Jahr 2021 sogar 55 Prozent (mehr dazu lesen Sie hier). Mittlerweile ist der Anteil geringer.

In der Frühwarnstufe können Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilnetzbetreiber marktbasierte Maßnahmen wie den Einsatz von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite, den Einsatz von Gasspeichern, die Optimierung von Lastflüssen zwischen den einzelnen Gasversorgungsunternehmen oder die Anforderung externer Regelenergie über die Großhandelsmärkte nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Staat greift noch nicht ein. Flexibilitäten werden im Stromsystem gebraucht, um es im Gleichgewicht („stabil“) zu halten – etwa bei schwankendem Stromverbrauch oder schwankender Stromerzeugung.

Auch in der sogenannten Alarmstufe (Stufe 2 des Notfallplans) kümmern sich die Marktakteure noch in Eigenregie um eine Entspannung der Lage. Erst wenn eine „erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage“ gemeldet wird, ist es Zeit für die Notfallstufe Gas (Stufe 3 des Notfallplans), die die Bundesregierung per Verordnung ausrufen kann.

Für Haushalte und Unternehmen ändert sich zunächst nichts

In diesem Fall übernimmt die Bundesnetzagentur in Abstimmung mit den Netzbetreibern die Verteilung von Gas und schützt dabei im Notfallplan festgelegte Verbraucher besonders, wie zum Beispiel Haushalte, soziale Einrichtungen, Krankenhäuser und Gaskraftwerke (die zugleich der Wärmeversorgung von Haushalten dienen). Für Verbraucherinnen und Verbraucher ändert sich mit Ausrufung der Frühwarnstufe deshalb erst einmal nichts, selbst wenn es im kommenden Winter Versorgungsengpässe geben sollte. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass es zu weiteren Preissteigerungen kommt. Daher hatte die Ampel-Koalition am 23. März ein zweites Entlastungspaket beschlossen.

Auch für Unternehmen gibt es erst einmal keine Veränderungen und keine Einschränkungen, etwa in der Produktion. Zu den Auswirkungen der EU-Sanktionen auf die Wirtschaft arbeitet das BMWK gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) an Hilfen für Unternehmen. Ein KfW-Kreditprogramm soll kurzfristig deren Liquidität sichern, indem sie Zugang zu zinsgünstigen, haftungsfrei gestellten Krediten erhalten. Das Programm wird bis zu sieben Milliarden Euro umfassen.

Deutsche Gaslieferanten werden zum Füllen der Speicher verpflichtet

Sollte Russland seine Energielieferungen plötzlich einstellen, kann Deutschland mindestens bis zum Herbst auf russisches Gas verzichten. Um im kommenden Winter die Versorgung weiter zu gewährleisten, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden. Es gilt: Je mehr im Frühjahr und Sommer verbraucht wird, desto schwieriger wird die Lage im Winter. Maßnahmen, die Deutschland unabhängiger von russischen Energieimporten machen können, stehen auch im am 25. März vorgestellten Ersten Fortschrittsbericht Energiesicherheit. Was davon bereits erreicht wurde und wo Deutschland aktuell steht, zeigt der am 1. Mai veröffentlichte Zweite Fortschrittsbericht Energiesicherheit.

Seit dem 30. April ist außerdem das sogenannte Gasspeichergesetz in Kraft. Es verpflichtet alle Betreiber in Deutschland, ihre Speicher schrittweise zu füllen. Der Hintergrund: Deutschland verfügt in Mittel- und Westeuropa über die mit Abstand größten Speicherkapazitäten für Erdgas. Sie reichen aus, um Deutschland für einen längeren Zeitraum zu versorgen. Das setzt allerdings voraus, dass die Speicher zu Beginn der Heizsaison gut gefüllt sind.

Die FAQ-Liste zum Notfallplan Gas enthält wichtige Tipps und Links dazu, wie Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Energie sparen können.

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