Was ist eigentlich Carbon Leakage?
Darum geht´s: Europas Klimaschutz nach außen absichern.
Das Klima zu schützen und die Erderwärmung zu begrenzen ist eine globale Aufgabe, für die sich Europa viel vorgenommen hat. Bis 2050 will es mithilfe des „Green Deal“ zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Dafür haben sich viele europäische Länder zu strengen Klimavorschriften verpflichtet, zum Beispiel für ihre energieintensiven Industrien. Doch was, wenn andere weniger tun?
Mit dem Klimaschutzübereinkommen von Paris wurde zwar ein wichtiger Schritt zur weltweiten Koordinierung der Klimaschutzanstrengungen gemacht, global wurden aber noch keine gleichen Wettbewerbsbedingungen für die Industrieproduktion geschaffen.
Europäisches Emissionshandelssystem: CO2 hat seinen Preis
Europa macht´s vor: Das europäische Emissionshandelssystem (ETS) verpflichtet die Energiewirtschaft, energieintensive Industrien und den innereuropäischen Luftverkehr, einen Preis für die von ihnen ausgestoßenen Emissionen zu zahlen. Damit umfasst das ETS fast die Hälfte aller europäischen Treibhausgasemissionen und gilt als zentrales Instrument für die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft.
Die ihm unterliegenden Unternehmen müssen für jede Tonne klimaschädliches Treibhausgas sogenannte Emissionshandelszertifikate erwerben und können diese untereinander handeln. So sollen wirtschaftliche Anreize geschaffen werden, um den Ausstoß von Emissionen zu verringern und dadurch zum Erreichen der europäischen Klimaziele beizutragen. Denn wenn ein Unternehmen seine Treibhausgasemissionen reduziert, muss es in der Folge entsprechend weniger Emissionsrechte kaufen. Der Emissionshandel stellt also ein marktwirtschaftliches Instrument dar, das Treibhausgasen einen marktbasierten Preis gibt.
Das kann die Unternehmen Einiges kosten, je nachdem, wie emissionsarm sie bereits produzieren. Die Folge: Unternehmen, die nicht dem Europäischen Emissionshandel unterliegen, haben dann unter Umständen einen Wettbewerbsvorteil, weil diese Kosten bei ihnen nicht anfallen. Verlagern europäische Unternehmen ihre Produktion und damit auch die Emissionen aus diesem Grund schließlich in Länder mit weniger hohen Klimaschutzanforderungen, wird das auch Carbon Leakage genannt. (zu Deutsch: Kohlenstoffleckage). Das ist schlecht für die Wirtschaft und Arbeitsplätze in der EU. Und es ist schlecht fürs Klima. Aus diesen Gründen versucht die EU, Carbon Leakage zu verhindern. Wichtig ist, dass die Maßnahmen dazu an die im Green Deal verankerten, höheren Klimaschutzambitionen angepasst werden.
So will die EU Carbon Leakage verhindern
Unternehmen aus Branchen, die von Carbon-Leakage bedroht sind, erhalten im ETS einen höheren Anteil an kostenlosen Emissionshandelszertifikaten als andere. Zuvor werden die Gefährdung und die Folgen für die Branchen genau abgeschätzt. Diese Branchen stehen dann auf einer offiziellen Liste, die mit Zustimmung der Mitgliedsstaaten und des Europäischen Parlaments erstellt wird. Darüber hinaus erhalten stromintensive Unternehmen in Deutschland eine Strompreiskompensation als Ausgleich für die emissionshandelsbedingt erhöhten Stromkosten (indirekte CO2-Kosten).
Doch wie groß ist der Wettbewerbsnachteil solcher Unternehmen eigentlich? Ein Beispiel aus der Stahlindustrie: Bei der Produktion von einer Tonne Stahl fallen etwa 1,7 Tonnen CO2 an. Bei einem CO2-Preis von 50 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 kostet das am Ende 85 Euro pro Tonne Stahl zusätzlich. Bei einem Stahlpreis von 400 Euro wäre das ein Preisaufschlag von mehr als 20 Prozent. Die Produktionskosten für Industriegüter in der EU erhöhen sich also.
Klimaschutz gelingt also nur, wenn er gemeinsam mit wirtschaftlichem Wohlstand organisiert wird. Nur so werden Schwellen- und Entwicklungsländer Klimaschutz für erstrebenswert halten und nur so werden Klimaschutzmaßnahmen von allen akzeptiert.