Grüner Wasserstoff im Praxistest
Strom aus erneuerbaren Energien in Form von grünem Wasserstoff speichern, bis er benötigt wird: das klingt einfach, ist es aber nicht. Noch fehlt die Infrastruktur, um den Wasserstoff auch als Flüssigkeit ungefährlich in großem Maßstab über einen langen Zeitraum zu speichern, über weite Strecken zu transportieren und zu verteilen.
Im Forschungsprojekt "Metha-Cycle" soll deshalb nun ein weitgehend geschlossener Kreislauf entwickelt werden, in dem das möglich ist. Dazu nutzt das Entwicklerteam ein bereits bewährtes Prinzip: die Umwandlung von Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2) zu Methanol mit Hilfe eines Katalysators. Erstmals werden dabei Strom aus Windenergie, Elektrolyse (die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff) und die künstliche Herstellung von Methanol direkt miteinander verbunden (Sektorkopplung). Das Besondere: die auch als Methylalkohol bekannte Flüssigkeit muss nicht wie Wasserstoff unter speziellen Bedingungen gelagert werden.
Wasserstoff wird in Methanol gebunden
In Methanol gebunden lässt sich der grüne Wasserstoff also sicher über die bereits existierende Infrastruktur für Benzin oder Diesel transportieren oder über längere Zeiträume speichern. Wird die so gespeicherte Energie wieder benötigt, kann aus dem Methanol in einem zweiten Schritt Wasserstoff gewonnen und direkt wieder in Strom umgewandelt werden. Nach Untersuchungen des Forschungsteams könnte mit der Metha-Cycle-Technologie ähnlich viel Energie nutzbar gemacht werden, wie mit reinem Wasserstoff. Die Idee, dafür Methanol als Energieträger zu verwenden, ist nicht neu. Die Flüssigkeit aus der Stoffgruppe der Alkohole gehört mit 70 Millionen Tonnen Jahresproduktion zu den meisthergestellten organischen Chemikalien.
Methanol aus klimafreundlichen Quellen
"Bei Metha-Cycle kommt der Ausgangsstoff für das Methanol - Kohlenstoffdioxid - aus Abgasen der Industrie oder aus Biogasanlagen. So wird bei der Methanol-Herstellung kein zusätzliches CO2 freigesetzt. Im Gegenteil, CO2 wird aus diesen Abgasen entnommen und gebunden", erklärt Marco Haumann von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Normalerweise kommt der Grundstoff aus fossilen Grundstoffen wie Kohle, Erdöl und Erdgas.
Der Wasserstoff wird mit Elektrolyseuren (Anlagen, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten) erzeugt. Sie sind elektrisch mit Windenergieanlagen gekoppelt. Zukünftig könnte der grüne Wasserstoff auch aus Bioenergieanlagen kommen. Mit einem speziell für Metha-Cycle entwickelten Niedrigtemperaturkatalysator wird das Methanol wieder in Wasserstoff und CO2 aufgespalten. Ein solcher Katalysator benötigt eine geringere Temperatur und weniger Energie als herkömmliche Modelle. In einem ebenfalls speziell für Metha-Cycle entwickelten Brennstoffzellensystem wird der Wasserstoff schließlich wieder in elektrische Energie umgewandelt. "Das Kohlendioxid dient somit als Transportmedium für den Wasserstoff und kann bei Bedarf auch beliebig oft recycelt werden", erklärt Henrik Junge, Koordinator des Metha-Cycle-Projekts.
Testlauf ist bisher sehr erfolgreich
Mit dem Testlauf seines Demonstrators ist das Forscherteam mehr als zufrieden. Er ist sehr energieeffizient, denn die Forscher nutzen die Wärmeenergie, die bei der Umwandlung von Wasserstoff in elektrischen Strom in der Brennstoffzelle entsteht, um Wasserstoff zu erzeugen. Der dafür installierte Katalysator hat einen entscheidenden Vorteil: "Unsere Feststoffkatalysatoren arbeiten sehr selektiv und setzen nur geringe Mengen Kohlenmonoxid frei", erklärt Marco Haumann. "Dadurch wird die Brennstoffzelle geschont und ihre Lebensdauer verlängert."
Bevor das Metha-Cycle-System zum Einsatz kommen kann, muss der 500-Stunden dauernde Testlauf noch erfolgreich beendet und ausgewertet werden. Erst dann können die Experten sagen, wo noch Verbesserungen nötig sind. Und sie wollen noch weiteren Aspekten auf den Grund gehen: Unter anderem sind Versuche mit besonders effizienten sogenannten Niedrigtemperaturbrennstoffzellen im Methanol-Kreislauf von Metha-Cycle geplant.
Forscherteam sieht vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die neue Technologie hat das Forscherteam schon jetzt im Blick: "Als Container-Lösung könnte unser System beispielsweise auf Bauernhöfen oder in kleineren Betrieben eingesetzt werden, die großflächig Photovoltaik- oder Windenergieanlagen auf ihrem Grundstück betreiben", ist Haumann sicher. "Wird mehr Strom erzeugt als benötigt, lässt sich diese Energie in Form von Methanol in großen Tanks speichern und kann bei Bedarf wieder in Strom verwandelt werden. Das erhöht den Eigenverbrauch und senkt insgesamt die Stromkosten. Auch die Verteilnetze werden so entlastet."