Was ist eigentlich ein "Netzentwicklungsplan"?
Darum geht’s: Das Stromnetz an die Anforderungen der Zukunft anpassen
Die einen produzieren Strom, die anderen nutzen ihn. Was relativ simpel klingt, funktioniert tatsächlich nur mit detaillierter Planung. Nur mit genügend Weitsicht lässt sich gewährleisten, dass der zunehmend aus erneuerbaren Energien stammende Strom auch in Zukunft verlässlich zu den Verbrauchern gelangt und das Netz nicht über seine Kapazitätsgrenzen hinaus belastet wird. Weil die Stromproduktion immer stärker im windreichen Norden und Osten der Republik stattfindet, die großen industriellen Verbraucher aber im Süden und Westen Deutschlands beheimatet sind, müssen wir unser Übertragungsnetz ausbauen. Netzentwicklungspläne (NEP) zeigen, wo nach Meinung der vier großen Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW der Bedarf an neuen Leitungen beziehungsweise an Verstärkungen bestehender Leitungen über die Vorhaben hinausgeht, die vom Gesetzgeber bereits beschlossen wurden.
Die Prognosen reichen bis ins Jahr 2035
Es gibt einen Netzentwicklungsplan für das bundesweite Stromnetz an Land (NEP Strom) sowie einen Offshore-Netzentwicklungsplan für die Anbindung der Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee (O-NEP). In beiden Plänen beschreiben die Netzbetreiber Um-, Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen, die sie für notwendig halten, um auch in Zukunft eine sichere Stromversorgung gewährleisten zu können. Dabei schauen sie weit voraus – aktuell bis zum Jahr 2035. Grundlage für die Erstellung dieser NEP ist das Energiewirtschaftsgesetz. Doch wie gelangen die Netzbetreiber zu solch langfristigen Vorhersagen?
Szenarien und Marktmodelle: So entsteht ein Netzentwicklungsplan
Grundlage für die Erstellung der NEP bildet der sogenannte Szenariorahmen. Er bringt Prognosen zur zukünftigen Stromerzeugung und zum zukünftigen Stromverbrauch zusammen und gibt Auskunft darüber, welche Strommengen voraussichtlich im bundesweiten Netz transportiert werden müssen. Die Netzbetreiber nutzen die Daten aus dem Szenariorahmen für eine Marktsimulation. Dabei regionalisieren sie die bundesweiten Werte und ermitteln, wie viel Leistung maximal an jedem Knotenpunkt im Stromnetz zur Verfügung steht, wenn alle Energiequellen – konventionelle Kraftwerke und Erneuerbare-Energien-Anlagen – einbezogen werden. Ein Modell errechnet nun die Austausch-Strommengen zwischen einzelnen Regionen. Basierend darauf wird der Übertragungsbedarf ermittelt: Wie viel Strom müssen die Netze bei hoher Auslastung transportieren können? Diese Daten im Blick schauen die Übertragungsnetzbetreiber auf das aktuelle Netz und die bereits beschlossenen Ausbaumaßnahmen. Reichen diese aus oder besteht weiterer Handlungsbedarf? Über das Ergebnis der Prüfung gibt der NEP Auskunft.
Beteiligungsmöglichkeiten für interessierte Bürgerinnen und Bürger
Anfang des Jahres hatten die Übertragungsnetzbetreiber zu ihren ersten Entwürfen der aktuellen NEP bereits die Öffentlichkeit befragt. Mehr als 2.000 Stellungnahmen gingen ein. Die überarbeiteten Entwürfe wurden im Mai an die Bundesnetzagentur (BNetzA) übermittelt. Diese ist zuständig für die Beurteilung der Pläne. Nach aktuellem Stand der Prüfung hält die BNetzA 90 der 160 von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagenen Maßnahmen in der aktuellen Version des NEP Strom für erforderlich. 70 Maßnahmen werden als gegenwärtig nicht bestätigungsfähig eingestuft. Mehr zu den vorläufigen Prüfergebnissen findet sich hier.
Die BNetzA stellt die NEP nun erneut zur Diskussion. Alle Interessierten haben bis zum 16. Oktober 2017 Gelegenheit, ihre Einschätzung, Ideen und Hinweise einzubringen (zum Onlineformular). Begleitend dazu bietet die BNetzA Informationsveranstaltungen an. Die nächsten Termine sind am 14. September in Leipzig, am 19. September in Düsseldorf und am 20. September in Hamburg.