Was ist eigentlich das "Netzentgelt"?
Darum geht’s: Eine Gebühr für die Nutzung des Stromnetzes bezahlen – damit es erhalten und ausgebaut werden kann
Wer in seiner Heimatstadt in den Zug steigt, braucht ein Ticket. Denn der Betrieb des Schienennetzes, das ganz Deutschland umfasst, kostet Geld: den Arbeitslohn der Zugführer, die Kosten für Anschaffung und Wartung der Züge, Ausgaben für die Organisation des Betriebsablaufes und vor allem die Kosten für Aufbau und Instandhaltung des Schienennetzes. Was beim Zugfahren das Ticket, ist beim Strom das Netzentgelt. Damit der Strom von dort, wo er produziert wird, zum Verbraucher kommt, muss er durch das Stromnetz fließen. Und für die Nutzung des Stromnetzes fällt eine Gebühr an: das Netznutzungsentgelt, kurz Netzentgelt.
Betrieb und Ausbau des Stromnetzes kosten Geld
Das deutsche Stromnetz besteht aus vielen, oft lokalen Verteilnetzen und dem überregionalen Übertragungsnetz. Das Übertragungsnetz ist in vier Gebiete aufgeteilt. Für jedes Gebiet gibt es einen verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber: TenneT und 50Hertz decken den Norden und den Osten des Landes ab, Amprion und TransnetBW den Westen und Südwesten. Diese vier Übertragungsnetzbetreiber und die rund 900 Betreiber der lokalen Verteilnetze sind für den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Stromnetzes und seinen weiteren Ausbau verantwortlich. Die dabei anfallenden Kosten können sie anteilig den Stromanbietern in Rechnung stellen, die das Netz nutzen, um ihren Strom zu den Verbrauchern zu transportieren. Die Stromanbieter wiederum geben die Kosten mit der Stromrechnung an ihre Kunden weiter – in Form des Netzentgelts pro verbrauchter Kilowattstunde Strom.
Netzentgelt gerechter verteilen
Die Höhe des Netzentgelts lag für Haushaltskunden 2016 bei durchschnittlich 6,71 Cent pro Kilowattstunde Strom. Allerdings sind die Netzentgelte von Region zu Region unterschiedlich – je nach Auslastung des Netzes, nach Alter und Qualität der Stromleitungen und vielen anderen Faktoren.
Das derzeitige Problem mit den regional unterschiedlichen Netzentgelten verdeutlicht folgendes Beispiel: Um den sauber produzierten Strom von den vielen Windkraftanlagen in Norddeutschland überhaupt ins Netz einspeisen zu können, müssen die regionalen Netze besonders dringend ausgebaut werden. Die Kosten dafür legen die dortigen Netzbetreiber auf das Netzentgelt um. Es ist in diesen Regionen, beispielsweise in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, deshalb besonders hoch. Der Strom wird zukünftig aber nicht nur in Norddeutschland verbraucht, sondern auch im Westen und Süden des Landes dringend benötigt. Deshalb ist es ungerecht, dass die Norddeutschen für den Netzausbau dauerhaft stärker zur Kasse gebeten werden als in diesem Beispiel die West- und Süddeutschen. Genau hier setzt das Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) an. Es gleicht unter anderem die Übertragungsnetzentgelte schrittweise an, sodass sie ab 2023 überall in Deutschland gleich hoch sein sollen (mehr zum NEMoG erfahren Sie hier).
Vermiedene Netzentgelte
Mit dem NEMoG gibt es noch eine weitere Änderung. Wer Strom ins lokale Verteilnetz einspeist, erhält dafür das sogenannte „vermiedene Netzentgelt“. Als der Gesetzgeber die vermiedenen Netzentgelte im Jahr 2005 eingeführt hat, ging man davon aus, dass lokal erzeugter Strom Kosten des Netzaufbaus vermeidet: Der lokale Strombedarf kann mit vor Ort erzeugtem Strom gedeckt und dadurch die Nutzung vorgelagerter Übertragungsnetze vermieden werden. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass dezentral erzeugter Strom nicht immer vor Ort verbraucht wird, sondern durch das Übertragungsnetz an den Verbrauchsort transportiert werden muss. Insbesondere Strom aus Solar- und Windkraftanlagen vermeidet heute keinen Netzausbau mehr, sondern macht ihn notwendig. Deshalb werden die vermiedenen Netzentgelte reformiert (mehr darüber lesen Sie hier).
Höhe des Netzentgelts klar geregelt
Das Netzentgelt dürfen die Netzbetreiber übrigens nicht wahllos festlegen. Hier macht der Staat klare Vorgaben, die von der Bundesnetzagentur und den Landesregulierungsbehörden umgesetzt werden. Danach darf der Erlös aus dem Netzentgelt eine bestimmte Grenze nicht überschreiten. Diese Grenze wird in einem aufwendigen Verfahren errechnet, bei dem es sich für die Netzbetreiber beispielsweise auszahlt, wenn sie möglichst effizient arbeiten. Mehr zum Thema Erlösobergrenze erfahren Sie hier.