Zwei Kinder sitzen auf einem Aussichtspunkt über einer Seenlandschaft. © istock.com/fotoVoyager

Für ein Europa der sauberen Energie

Die EU soll im Energiebereich stärker zusammenwachsen – jetzt haben die Beratungen in Brüssel zum Gesetzespaket "Saubere Energie für alle Europäer" begonnen.

In der vergangenen Woche kam der Energieministerrat in Brüssel zusammen, um zum ersten Mal über das Gesetzespaket „Saubere Energie für alle Europäer“ zu beraten. Die von der Europäischen Kommission Ende 2016 vorgelegten Vorschläge sollen Europa im Energiebereich weiter zusammenwachsen lassen. Das wird auch die deutsche Energiewende entscheidend mitbestimmen. Worum geht es genau?

"Mit den Vorschlägen haben wir die große Chance, die Energiepolitiken der Mitgliedstaaten stärker aufeinander abzustimmen", sagte Rainer Baake, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), beim Treffen des Energieministerrats. Um die Energie- und Klimaschutzziele der EU für das Jahr 2030 zu erreichen, braucht die Europäische Union verlässliche Regelungen. Dazu soll ein sogenanntes Governance-System eingeführt werden. Es soll Antworten liefern auf Fragen wie: Auf welche Weise werden die Bemühungen der Mitgliedstaaten überprüft? Was passiert, wenn die freiwilligen Beiträge der Staaten zu den auf EU-Ebene verbindlichen Zielen für das Jahr 2030 zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Steigerung der Energieeffizienz nicht ausreichen?

EU-Kommission: Jeder Mitgliedstaat soll einen nationalen Plan vorlegen

Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Governance-Verordnung sieht vor, dass jeder Mitgliedsstaat für den Zeitraum 2021-2030 einen Nationalen Energie- und Klimaplan vorlegt und mit den Nachbarstaaten abstimmt. Die Pläne sollen sich unter anderem Fragen der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien, der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes in dem jeweiligen Mitgliedstaat widmen. Die Mitgliedsstaaten sollen alle zwei Jahre über die erreichten Fortschritte berichten. Zeichnet sich ab, dass ihre Beiträge nicht ausreichen, um die EU-Ziele insgesamt zu erreichen, müssen die Mitgliedsstaaten zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Aus Sicht der Bundesregierung ist ein solches Governance-System notwendig, um die gemeinsamen Ziele tatsächlich zu erreichen. Es ähnelt dem in Deutschland etablierten System von langfristiger Planung und Monitoring und schafft zudem mehr Investitions- und Planungssicherheit für Unternehmen und andere Marktakteure.

Das Gesetzespaket der EU-Kommission, das zuvor auch als "Winterpaket" bezeichnet wurde (mehr dazu lesen Sie hier), umfasst vier Richtlinien und vier Verordnungen. Dazu gehören neben der Governance-Verordnung Richtlinien zur Energieeffizienz, zu erneuerbaren Energien sowie Richtlinien und Verordnungen für ein neues europäisches Strommarktdesign. Beim jüngsten Treffen des Energieministerrats fand ein erster Gedankenaustausch zum Gesamtpaket statt. Die detaillierte Beratung der einzelnen Richtlinien und Verordnungen konzentriert sich derzeit unter maltesischer EU-Ratspräsidentschaft vor allem auf die Energieeffizienzthemen.

Baake: Wichtige Entscheidungen gehören in den Rat und ins Parlament

Kritisch sieht die Bundesregierung das Ansinnen der Kommission, politisch wichtige Entscheidungen in der europäischen Energie- und Klimaschutzpolitik künftig nicht von den demokratisch legitimierten europäischen Institutionen treffen zu lassen, sondern diese Kompetenzen in andere Gremien oder nachgelagerte Rechtsakte auszulagern. Um die Menschen in Europa mitzunehmen, müssten alle wichtigen Entscheidungen in Rat und Parlament getroffen werden, betonte Staatssekretär Rainer Baake.

Ein weiterer Kritikpunkt aus deutscher Sicht: Die Vorschläge der Kommission zur Förderung erneuerbarer Energien seien unzureichend, so Baake. Hier müsse nachgebessert werden, um die Fördersysteme in Europa stärker anzugleichen und Sicherheit für Investoren herzustellen. Dass die Kommission den europäischen Strommarkt – so wie in Deutschland bereits praktiziert – auf einen steigenden Anteil erneuerbarer Energien ausrichten will, begrüßte er hingegen.

Anreize zur CO2-Reduzierung erhöhen: Emissionshandel wird reformiert

Einen Tag nach dem Energieministerrat traf sich der Umweltministerrat, um über die Reform des wichtigsten Klimaschutzinstruments der EU zu beraten: den Emissionshandel (engl. Emission Trading System, kurz ETS). Wie dieser Handel mit Emissionszertifikaten genau funktioniert, lesen Sie hier. Der ETS ist seit vielen Jahren durch hohe Zertifikatsüberschüsse geprägt, ausgelöst durch zusätzliche internationale Zertifikate, die in das System gelangt sind, sowie die Wirtschaftskrise, die die Nachfrage zurückgehen ließ. Dadurch ist der CO2-Preis stark gesunken, und der ETS läuft Gefahr, seine Anreizwirkung für kosteneffiziente Emissionsminderungen und CO2-arme Innovationen zu verlieren.

Die EU-Kommission hatte einen Legislativvorschlag zur Ausgestaltung des ETS für die Handelsperiode 2021-2030 vorgelegt. Die Gesamtmenge der CO2-Zertifikate pro Jahr soll nach 2020 um 2,2 Prozent statt wie bisher 1,74 Prozent sinken. Auch der Rat will die Klimaschutzwirkung des Emissionshandels stärken und hat sich nun auf eine gemeinsame Position zur Reform des ETS verständigt: Es sollen von 2019 bis 2023 doppelt so viele überschüssige Zertifikate wie bisher vorgesehen (also 24 statt 12 Prozent pro Jahr) in die sogenannte Marktstabilitätsreserve verschoben und damit dem Markt temporär entzogen werden. Neu ist auch, dass der Bestand der Zertifikate in der Reserve begrenzt sein soll – oberhalb einer bestimmten Grenze sollen CO2-Zertifikate in der Reserve dauerhaft gelöscht werden. Bereits 2014 war die Einführung der Marktstabilitätsreserve beschlossen worden, um die Zertifikatsüberschüsse ab 2019 schrittweise abzubauen.

Die Industrie, die im internationalen Wettbewerb steht, soll effektiv geschützt werden, um die Abwanderung der Produktion und der damit verbundenen CO2-Emissionen an Standorte außerhalb der EU, sogenanntes Carbon Leakage, zu vermeiden. Aus diesem Grund soll der Anteil der kostenlos zugeteilten Zertifikate um bis zu zwei Prozent steigen. BMWi-Staatssekretär Matthias Machnig sieht hier noch Verbesserungsbedarf: So solle in den weiteren Verhandlungen der Anteil der kostenlosen Zuteilung der Zertifikate für die Industrie noch deutlich erhöht werden, um einen besseren Schutz der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erreichen.

Nach den Beratungen im Parlament und dem Treffen des Umweltministerrats startet nun der sogenannte Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission.

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