Energiewende europäisch
Wer weniger fordert, wird gefördert. Das kann künftig auch über Grenzen hinweg gelten. Worum geht es?
Damit in Deutschland und Europa künftig immer mehr erneuerbare Energien fließen, sollen auch Ökostromerzeuger aus dem europäischen Ausland um die deutsche Ökostromförderung mitbieten können. Andersherum sollen auch deutsche Anlagenbetreiber von ausländischen Fördersystemen profitieren können. Wie und in welchem Maß, das regelt die „GEEV“, die neue „Grenzüberschreitende-Erneuerbare-Energien-Verordnung“. So hat es das Bundeskabinett vergangene Woche beschlossen.
Europaweites Rennen um die Förderung
Los geht’s mit Sonnenstrom, genauer gesagt mit Freiflächen für Photovoltaikanlagen (PV). Das funktioniert in etwa so: Irgendwo zwischen Kiel und Konstanz werden Flächen bereitgestellt und ausgeschrieben, auf denen Solaranlagen aufgebaut werden können.
Welcher Sonnenstromanbieter auf einer PV-Freifläche eine Solaranlage bauen darf – und anschließend die Förderprämie bekommt –, wird in einem Wettbewerb entschieden. Die Idee: Solarstrombetreiber schlagen selbst vor, wie hoch die Förderung sein soll, damit sich ihre Anlage rechnet. Den Zuschlag erhält, wer die niedrigste Förderung verlangt.
An diesem Wettbewerb können künftig auch Anlagenbetreiber aus dem europäischen Ausland mitmachen. Denn ein Teil der in Deutschland ausgeschriebenen Erzeugungskapazität, genau gesagt fünf Prozent, soll ab 2017 für das europäische Ausland geöffnet werden.
Voraussetzung ist, dass mit diesem Land eine völkerrechtliche Kooperationsvereinbarung besteht, das Prinzip der Gegenseitigkeit umgesetzt wird und der „physische“ Import des Stroms gewährleistet ist. Ein Beispiel: Fordert ein dänischer Solarstrombetreiber weniger Förderung als ein deutscher, könnten bald dänische Anlagen für Sonnenstrom in Deutschland sorgen. Im Gegenzug öffnet Dänemark auch sein Fördersystem für Erneuerbaren-Anlagen für deutsche Anbieter.
Diese anteilige Öffnung, die als Pilotkonzept für Solarstrom beginnt, soll ab 2017 auch für andere Technologien, also zum Beispiel auch für Windräder, gelten.
Gabriel: „Energiewende ist ein gesamteuropäisches Projekt“
Dazu sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: „Wir öffnen die Ausschreibung der Förderung erneuerbarer Energien anteilig für andere EU-Mitgliedstaaten. Damit wird klar: Die Energiewende ist ein gesamteuropäisches Projekt.“ Wie grenzüberschreitend Europa seine Energiezukunft bereits heute denkt, zeigt die Idee der „Energieunion“.
Energieunion: aus einem Guss und sicher versorgt in Europa
Künftig wollen sich die 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stärker gegenseitig bei der Energieversorgung unterstützen – und zwar insbesondere bei der Versorgung mit Strom oder Gas. Es geht um eines der ehrgeizigsten Energieprojekte der EU: die Energieunion. Sie gilt als das wichtigste Gemeinschaftsprojekt der europäischen Staaten in der Energiepolitik.
Mit der Energieunion sollen die nationalen Regulierungsrahmen der 28 einzelnen EU-Staaten besser aufeinander abgestimmt werden und mehr „aus einem Guss sein“. Die Idee: Strom, Gas und Erdöl sollen ungehindert über Landesgrenzen hinweg fließen können, damit Energie für alle in Europa sicher und erschwinglich ist.
Die GEEV ist ein weiteres Beispiel dafür, wie wichtig Europa für die Energiewende in Deutschland ist. Schließlich hat sich auch die EU ehrgeizige Energie- und Klimaziele gesetzt: Bis 2030 sollen europaweit mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als 1990. Mindestens 27 Prozent des Energieverbrauchs sollen aus erneuerbaren Energien stammen. Zudem soll die Energieeffizienz deutlich steigen.