Im Rennen ums Verteilernetz
Am Laptop, in der Waschküche oder am Herd, in der Großstadt oder im Aussiedlerhof: Überall in Deutschland müssen Strom und Gas verfügbar sein. Damit die Versorgungssicherheit immer und überall gewährleistet ist, sind Verteilernetze das A und O: Sie leiten Strom und Gas bis in verwinkelte Ecken an die Endkunden.
Wer diese Netze betreibt, kann sich von Region zu Region unterscheiden. Ist es hier ein privates Energieunternehmen, zum Beispiel ein großer Energiekonzern, ist es dort vielleicht die öffentliche Hand, zum Beispiel das örtliche Stadtwerk. Fest steht allerdings, dass sich das Vergabekarussell für die notwendigen Rechte spätestens nach 20 Jahren neu drehen muss. Wie das geschehen soll, ist im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) festgeschrieben: Paragraf 46 sieht einen transparenten Wettbewerb um das Netz vor. Und zwar aus gutem Grund: Denn dieser Wettbewerb sichert dauerhaft die notwendige Qualität und die notwendigen Innovationen im Betrieb von Strom- und Gasverteilernetzen.
Kommunen werden gestärkt …
Im Kern geht es um die sogenannten „Wegenutzungsrechte zur leitungsgebundenen Energieversorgung“: also um das Recht, öffentliche Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen für Strom und Gas nutzen zu dürfen. Man spricht auch von „Konzessionen“.
Für die Vergabe der Wegenutzungsrechte hat das Bundeskabinett vergangene Woche neue Regeln beschlossen. Sie stärken die Position der Kommunen im Vergabeverfahren, sichern aber gleichzeitig den Wettbewerb. Damit schafft die Gesetzesnovelle Rechtsicherheit zum Beispiel bei der Rekommunalisierung – also für den Fall, dass eine Kommune das örtliche Netz vom privaten Energieversorger übernehmen möchte.
… aber nicht auf Kosten von Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz
Um beispielsweise Streitigkeiten über den Netzkaufpreis vorzubeugen, werden klare Vorgaben für die Preisermittlung gemacht. Außerdem wird konkretisiert, welche Auskunftsansprüche die Gemeinde gegenüber dem bisherigen Inhaber der Konzession hat. Erstmals können – so der Gesetzeswortlaut – „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ für die Entscheidung der Konzessionsvergabe relevant sein. Allerdings dürfen diese örtlichen Belange nur dann berücksichtigt werden, wenn damit keine Abstriche bei den energiewirtschaftlichen Aspekten einhergehen. Das gilt vor allem bei der Versorgungssicherheit und bei den Kosten.
Mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen künftig auch neue Regeln zum rechtzeitigen Vorbringen von Rechtsfehlern. Dies betrifft die Zeitpunkte der Bekanntmachung der Vergabe, der Aufstellung der Auswahlkriterien und der Auswahlentscheidung: Haben Interessenten hier etwas zu beanstanden, so müssen sie künftig frühzeitig und nach einem bestimmten Verfahren eine entsprechende Rüge erheben. Fehler im Vergabeverfahren werden dadurch frühzeitig behoben.
Die „kleinen Netze“ stemmen immer mehr große Aufgaben
Im Zuge der Energiewende müssen vor allem die Stromverteilernetze eine komplexe Aufgabe bewältigen: Sie wandeln sich von der Ein- zur Zweibahnstraße. Je mehr Wind- und Sonnenstrom durch sie fließt, desto häufiger liefern sie Strom nicht mehr nur in eine Richtung aus, sondern speisen ihn auch umgekehrt ins „große“ Übertragungsnetz ein. Denn je mehr Ökostrom aus Solardächern und Windrädern stammt, desto mehr davon transportieren sie künftig in die entgegengesetzte Richtung. Und das nicht zu knapp: Die Stromnetze auf dem Land sind diejenigen, die am meisten Strom aus dezentralen Photovoltaik-, Windenergie- oder Biogasanlagen aufnehmen müssen. Zudem müssen sie Schwankungen aushalten, denn bei Flaute fließt kein Windstrom und etwa bei Wolken kein Sonnenstrom.