Energie für gute Nachbarschaft
Zu wenig Mehl zum Plätzchenbacken? Dann ist es gut, wenn man sich auf Nachbarn verlassen kann. Dieses Prinzip gilt auch für das Mehrfamilienhaus Europa. Künftig wollen sich die 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) stärker gegenseitig unterstützen, wenn es um die Versorgung mit Energie geht – genauer gesagt um die Versorgung mit Strom oder Gas. Darauf haben sie sich bereits im März geeinigt. Es geht um eines der ehrgeizigsten Energieprojekte der EU: die Energieunion. Jetzt hat die Europäische Kommission eine erste Zwischenbilanz gezogen.
Energiepolitik aus einem Guss
Aber was ist die angestrebte „Energieunion“ eigentlich? Die Energieunion ist das wichtigste Gemeinschaftsprojekt der europäischen Staaten, um in der Energiepolitik an einem Strang zu ziehen. Heute regeln 28 nationale Regulierungsrahmen die Energiepolitik. Und sie sind nicht immer optimal aufeinander abgestimmt. Mit der Energieunion soll Energiepolitik künftig aus einem Guss kommen.
Im Mittelpunkt steht ein gemeinsames Energiesystem, in dem Strom, Gas und Erdöl ungehindert über Landesgrenzen hinweg fließen können. Die Energie soll sicher und für jedermann erschwinglich sein. Bei der Energiegewinnung setzt die Energieunion auf die Kräfte des Wettbewerbes, damit die vorhandenen Ressourcen bestmöglich genutzt werden.
Die Energieunion ist eng verknüpft mit Europas ehrgeiziger Klimapolitik. Bis zum Jahr 2030 sollen europaweit mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als 1990. Mindestens 27 Prozent des Energieverbrauchs sollen aus erneuerbaren Energien stammen. Und der Einsatz von Energie soll deutlich effizienter sein als heute.
Alle Europäer sollen profitieren
Von der Energieunion werden vor allem die EU-Bürger profitieren. Ein größerer und besser funktionierender Markt senkt die Kosten. Das kommt den Verbrauchern über die Strom- und Gasrechnungen oder an der Zapfsäule zugute. Auch eine höhere Transparenz bei Preisen und Kosten, mehr Auswahl bei Produkten und Dienstleistungen und der Einsatz intelligenter Messeinrichtungen im Energiebereich sollen sich im Portemonnaie bemerkbar machen.
Die Verknüpfung der Energiesysteme stärkt zudem die Versorgungssicherheit. Kommt es an einem Ort zu Engpässen, etwa in der Strom- oder Gasversorgung, erlaubt eine gut ausgebaute, grenzüberschreitende Energieinfrastruktur, die Energie schnell dorthin zu transportieren, wo sie gebraucht wird. Das ist besonders praktisch bei einem hohen Anteil erneuerbarer Energien: Denn der Wind weht nicht überall gleich stark, und während die Sonne an einem Ort scheint, kann sie andernorts von Wolken verdeckt sein. Auf diese Weise hilft die Energieunion zum Beispiel, Stromausfälle zu verhindern. Und sie macht Europa unabhängiger von Energie-Importen.
Deutschland vorn bei Ökostrom-Ausbau und Energieeffizienz
In ihrem Bericht zur Lage der Energieunion hat die Europäische Kommission im November die Situation in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unter die Lupe genommen und gezeigt, wo stärker angepackt werden muss.
Zum Beispiel soll Deutschland den Bau sogenannter „Interkonnektoren“, das sind die Grenzübergänge für Stromleitungen, weiter voranbringen. Lob hingegen erntete Deutschland für die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz.
In beiden Bereichen wurden hierzulande große Fortschritte gemacht: Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verfünffacht. Er ist von sechs Prozent im Jahr 2000 auf über 32 Prozent im ersten Halbjahr 2015 gestiegen. 2025 sollen es bis zu 45 Prozent sein. Zudem zeigt die neue „Energieeffizienzstrategie Gebäude“, die das Kabinett am 18.11.2015 beschlossen hat, einen Weg auf, wie bis 2050 alle Gebäude im Land nahezu klimaneutral werden können – das heißt, dass der fossile Energieverbrauch um 80 Prozent gegenüber 2008 gesenkt wird.
Soweit, so national. Doch der Bericht der Europäischen Kommission enthält noch mehr. Zum Beispiel soll jeder EU-Mitgliedstaat einen Energie- und Klimaplan für den Zeitraum von 2021 bis 2030 entwickeln. Darin soll jedes Land darlegen, wie es zu den oben genannten Energie- und Klimazielen der EU beitragen will. Alle zwei Jahre sollen die Mitgliedstaaten über die erreichten Fortschritte berichten. Dieses Energie-Monitoring ist wichtig, um die europäischen Energie- und Klimaziele zu erreichen.
Staatssekretär Rainer Baake betont: „Es ist ganz entscheidend, dass alle EU-Mitgliedstaaten einheitliche und vergleichbare Pläne für ihre Energie- und Klimapolitiken vorlegen. Nur so können wir die verschiedenen nationalen Politiken besser koordinieren und Planungssicherheit für die EU, die Mitgliedstaaten und die Investoren erreichen. In Deutschland haben wir gute Erfahrungen mit unserem Monitoring-Bericht zur Energiewende gemacht, den wir schon im vierten Jahr veröffentlicht haben. Dieser Bericht zeigt uns, wo wir stehen, und gibt uns die Daten, die wir brauchen, um unser Gesamtsystem zu optimieren und die Ziele verlässlich umzusetzen. Ich bin sicher, dass auch die EU von einem transparenten Monitoring-Prozess profitieren wird."
Um die Energieunion immer weiter voranzubringen, wird die Kommission künftig jährliche Berichte zur Energieunion vorlegen.
Weiterführende Informationen:
- Bericht der EU-Kommission zur Lage der Energieunion
- Mitteilung der EU-Kommission zum Paket zur Energieunion
- Pressemitteilung des BMWi: EU-Energieminister sichern Umsetzung der Energie- und Klimaziele und bringen Novelle des Effizienzlabels auf den Weg
- Pressemitteilung des BMWi zum ersten Bericht zur Lage der Energieunion
- Themenseite Europäische Energiepolitik
- Themenseite zur EU-Klimaschutzpolitik und zum EU-Emissionshandel