Energiegründer bei einer Besprechung © BMWi/ Maria Parussel

Grün im Geschäft: Gründen für die Energiewende

Luft nach oben: In der Green Economy können junge Unternehmen große Potenziale ausschöpfen.

Eine App, die ihre Nutzer über einen digitalen Wettstreit zu umweltfreundlichem Verhalten motiviert. Ein Kleinst-Wasserkraftwerk, das aus fließendem Wasser Strom gewinnt – ohne es dafür aufstauen zu müssen. Oder ein transparenter Online-Marktplatz für Photovoltaikanlagen und Solar-Projektrechte. Dies sind nur drei von tausenden innovativen Ideen, mit denen deutsche Gründer die Energiewende aktiv gestalten. Doch: Was entscheidet über Erfolg und Misserfolg der grünen Gründungen? Wo liegen die größten Chancen im Energiemarkt? Und welche Hürden müssen junge Unternehmen meistern?

Frischer Wind in der Energiebranche

In der Green Economy und Bereichen wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz wurden von 2006 bis 2013 rund 170.000 Unternehmen gegründet. Insgesamt treiben rund 11 Prozent aller Gründungen in Deutschland mit ihren Dienstleistungen oder Produkten die Energiewende voran. Zu diesen Ergebnissen kommt der vom Borderstep Institut herausgegebene Green Economy Gründungsmonitor 2014. Das größte Feld für grüne Start-Ups sind dabei die erneuerbaren Energien, dicht gefolgt vom Bereich Energieeffizienz. Die grüne Gründerin oder den grünen Gründer schlechthin gibt es jedoch nicht, sagt Dr. Ralf Weiß, Senior Researcher beim Borderstep Institut und Autor des Gründungsmonitors: "Mit über 60 Prozent haben Dienstleistungen, beispielsweise von Architekten, Handwerkern oder Beratern den größten Anteil. Ein Drittel der Gründungen betreffen Hersteller von Produkten wie energieeffizienten Geräten, Anlagen und Maschinen." Gemeinsam haben die Gründer jedoch eines: "Wenn wir von der Transformation der Energiebranche sprechen, haben diese jungen Unternehmen eine zentrale Bedeutung, weil sie häufig grundlegende Innovationen auf dem Markt einführen."

Erfolgsfaktor Kundenorientierung

Wer erfolgreich gründen will, muss die aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt genau beobachten, meint Crispin Leick. Er ist Investor in der Energie-Start-up-Branche. Ganz wichtig sei es dabei, Trends frühzeitig zu erkennen und sich an den Bedürfnissen der Kunden zu orientieren: "Gründerinnen und Gründer müssen wissen, welchen zusätzlichen Nutzen sie ihren Kunden anbieten. Das kann ein betriebswirtschaftlicher Mehrwert sein, der dem Kunden dabei hilft, Kosten einzusparen, oder ein Gesundheitsfaktor, also die Reduzierung lokaler Emissionen. Wie auch immer: Es muss einen ganz klaren Bedarf geben, ganz gleich, ob es sich um Verbraucher, Unternehmen oder Energieversorger handelt."

Effizient, erneuerbar, vernetzt: Technologien mit Zukunft

Enorme Potenziale für findige Gründerinnen und Gründer birgt der Bereich der Energieeffizienz. Der sparsame und bewusste Umgang mit jeder einzelnen Kilowattstunde ist neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien die zweite tragende Säule der Energiewende – und hat in Deutschland durch den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) Ende 2014 noch einmal Aufwind bekommen. Der Investor Crispin Leick setzt vor allem auf ingenieurtechnische Lösungen. "Wir sind beispielsweise an einem jungen Unternehmen beteiligt, das innovative Plattenwärmetauscher herstellt", berichtet er. "30 Prozent Wirkungsgradsteigerung sind damit erreichbar, ob für Heizung oder Kühlung in Gebäuden oder kleine Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Das sind Welten!"

Auch die erneuerbaren Energien bieten nach wie vor große Chancen für innovative Köpfe. Laut einer Befragung der Deutschen Energie-Agentur (dena) im Rahmen der Exportinitiative "Erneuerbare Energien" bewerten knapp 50 Prozent der befragten Unternehmen in der Erneuerbare-Energien-Branche die aktuelle Geschäftslage im Export als gut oder sehr gut.

Immer größere Bedeutung im Energiebereich erlangt die intelligente Vernetzung und Steuerung. Dr. Karl-Friedrich Ziegahn, der unter anderem die Helmholtz-Forschungsprogramme "Erneuerbare Energien" und "Energieeffizienz, Ressourcen und Materialien" am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) leitet: "Ich sehe zum Beispiel Chancen für Start-ups, die Programme für produzierende Unternehmen entwickeln, um deren Strombedarf während der Produktionszeiten besser auf das Stromangebot abzustimmen." Insgesamt sind dabei dezentrale Technologien auf dem Vormarsch. Sie sollen dazu beitragen, erneuerbare Energien in den deutschen und europäischen Strommarkt zu integrieren – einer der zentralen Bausteine der Energiewende. Auch der Investor Crispin Leick sieht hier eine große Marktlücke für Energie-Start-ups: "Statt riesiger Stromspeicher könnten ‚Smart Microgrids’ zur Lösung beitragen, also die intelligente Vernetzung von Stromerzeugung, Speicherung und Nutzung auf lokaler Ebene."

Langer Atem lohnt sich

Viele Chancen, aber auch Hürden: Gründerinnen und Gründer, die in der Energiebranche Fuß fassen wollen, müssen sich verschiedenen Herausforderungen stellen. Eine der größten ist die Finanzierung. "Das betrifft auch Start-ups in anderen Branchen, ist aber im Energiebereich insofern besonders relevant, weil wir es dort mit langen Entwicklungszyklen und häufig auch unsicheren Markterwartungen zu tun haben", sagt Dr. Weiß vom Borderstep Institut. Dr. Tolgay Ungan und Patrick Steindl wissen das aus eigener Erfahrung. Die beiden Freiburger Jungunternehmer sind 2012 mit ihrer Geschäftsidee gestartet: Funksensoren, die Photovoltaikanlagen überwachen und steuern – also eine Art "Babyphone" für Solaranlagen. Ihre Innovation hat bereits zahlreiche Preise abgeräumt. Dennoch würde Dr. Ungan im Rückblick einiges anders machen. "Ich würde viel mehr Zeit und Geld für eine sorgfältige Marken- und Marktanalyse einplanen. Überhaupt braucht man einen langen Atem und ausreichend Kapital beziehungsweise Partner, die diesen langen Weg mit einem Start-up gehen wollen."

Die gute Nachricht: Wer Durchhaltevermögen beweist, kann sich über beste Aussichten freuen – auch weltweit. "Wenn wir uns die Marktprognosen für die Erzeugung, Speicherung und Verteilung erneuerbarer Energie ansehen, dann gibt es Zahlen, die von einem jährlichen Wachstum von 7,4 Prozent im globalen Maßstab ausgehen", sagt Dr. Weiß. Wachstums- und Zukunftsmärkte entstehen dabei vor allem auf dem amerikanischen Kontinent und in Asien. Dies zeigen Ergebnisse der Marktanalyse 2014 "Status und Ausblick für die weltweite Entwicklung erneuerbarer Energien", die im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare Energien jährlich erstellt wird.

Durchstarten mit Rückenwind: Förderung für Energiegründer

Der Bund bietet im Energiebereich spezielle Förderprogramme für junge Unternehmen an. So hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) erst vor Kurzem das Förderprogramm "EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft" angepasst und stärker auf die Bedürfnisse von Energiegründern ausgerichtet. Damit können Pilot- und Prototypenanlagen finanziert werden, deren hohe Investitionskosten vielen Gründern in der Energiebranche den Start erschweren. Auch die regulatorischen und steuerlichen Rahmenbedingungen bei der Finanzierung durch den High-Tech Gründerfonds sowie privates Wagniskapital wurden verbessert. So ist der INVEST-Zuschuss zukünftig steuerfrei. Mit INVEST erhalten Business Angels – also Privatpersonen, die Existenzgründer mit finanziellen Mitteln und Know-how unterstützen – 20 Prozent ihrer Investition erstattet, wenn sie sich mit mindestens 10.000 Euro am Start-up beteiligen. Weitere, aus Bundesmitteln geförderte Programme, die Energiegründern zu Gute kommen können, sind beispielsweise die "Investitionszuschüsse zum Einsatz hocheffizienter Querschnittstechnologien im Mittelstand", das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien im Wärmemarkt (MAP), die "Energieberatung im Mittelstand", die "Exportinitiative Energieeffizienz" sowie die "Exportinitiative Erneuerbare Energien".

Besser informiert: erfolghoch2 und Energiegruender.de

Wer sind eigentlich Deutschlands Energiegründer? Antworten finden Sie auf der Online-Plattform www.energiegruender.de. Das Projekt des RKW Kompetenzzentrums hat es sich zum Ziel gesetzt, den Energiegründern und ihren Innovationen ein Gesicht zu gehen. Dabei stehen vor allem die persönlichen Geschichten und Ideen der Menschen im Vordergrund. Unterstützt wird die Plattform durch das BMWi.

Sie wollen mehr über den Wandel in der Energiebranche, Zukunftstrends, innovative Start-ups und Förderprogramme erfahren? Dann lesen Sie die aktuelle Ausgabe des eMagazins "erfolghoch2" des BMWi.

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